FAQ: Das sinnvolle Revisionsintervall

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Ralf
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FAQ: Das sinnvolle Revisionsintervall

Beitrag von Ralf »

Bei der Beantwortung dieser Frage treffen zwei Welten aufeinander. Deswegen auch gleich, um Einigen die Enttäuschung zu ersparen die Antwort vorneweg: Es gibt keine Antwort auf diese Frage, zumindest keine allgemein gültige.

Zuerst scheint die Lösung doch so einfach und auf pure Ingenieurswissenschaft reduzierbar. Man gehe zur Revision zu einem Zeitpunkt, an dem übliche Schäden wie mangelnde Schmierung, Dreck u.ä. noch keinen irreparablen Verschleiss hervorrufen. Das sind so, je nach Robustheit 2 bis 5 Jahre. Nur jetzt kommt der Kaufmann dazu und fängt an, nicht mit Verschleiss und Lebensdauer zu rechnen, sondern mit Kosten und Lebensdauer. Wenn das Zahnrad irreparabel verschlissen ist (oder was auch immer): Was kostet ein Neues? und Wie lange dauert die Wiederbeschaffung? Im Prinzip der richtige Ansatz, wenn man mit etwas Geld verdiene will. Kosten für Wartung und regelmässigen Maschinenstillstand gegen Reparaturkosten und ungeplante Ausfallzeiten.

Nur, jetzt kommt meine Frage: Wie sinnvoll ist es diesen Ansatz auf ein Hobby, Liebhaberei, Vergnügen oder wie auch immer man es nennen will anzuwenden?

Das Ziel ist ja dabei üblicherweise nicht das Geldverdienen, oft ist sogar eher das Gegenteil ein nicht ganz unbedeutender Faktor. Ziel sollte aber doch sein, Spass dran zu haben und sich beim Umgang, besonders beim Tragen der Uhr wohl zu fühlen. Es hilft ja nichts, das kostensparende Optimum zu kennen, wenn man sich dabei nicht beruht zurücklehnen kann, stattdessen einem das Thema Sorgenfalten ins Gehirn drückt.

Menschen sind unterschiedlich, ganz besonders, was den Umgang mit Risken angeht. Es gibt Risikosucher und Versicherungsmentalität, so wie bei den Vögeln Nestflüchter und Nesthocker. Dem Einen ist gar nicht wohl, wenn das Adrenalin nicht oft genug durch die Adern gepumpt wird, und stellt dann Dinge an, die andere für vollkommen verrückt halten. Dem Anderen ist schon das Risiko zuviel was essen zu sollen, was ihm nicht schmeckt, und braucht mindestens drei positive Kritiken, bevor er sich in ein neues Restaurant wagt. Diese extreme Spanne ist evolutionär gesehen sogar vorteilhaft für die Art und wünschenswert - solange der Anteil der Risikosucher nicht zu hoch ist.

Und beim Uhrentragen gibt es dieses Risiko genauso. Der eine Typus will das Risiko nicht eingehen und zahlt lieber die Art Versicherung, in Form regelmässiger Revisionen. Der andere Typus pokert: wenn kein Schaden kommt, zahlt er nichts und gewinnt, kommt doch einer, zahlt er halt mehr für die Reparatur und schreibt das als Verlust ab. Und beide haben für sich genau dann die richtige Strategie gewählt, wenn sie sich dabei nicht unwohl fühlen. Die Uhr dann zur Revision bringen, wenn sich der Gedanken: Ist sie noch in Ordnung oder nagt da drin schon was? beim Anblick der Uhr festsetzt und nicht weichen mag ist richtig. Denn die wenigsten betreiben ein Hobby, um sich darüber zu ärgern. Und solange man sich die Frage nicht stellt, ist auch allenfalls mal ein kurzer Blick in Richtung Ersatzteilversorgung angebracht: Solange es noch alle Teile gibt, ist das Risiko, wen man es einfach drauf ankommen lässt, sehr überschaubar.

Wir wissen nicht was der freundliche Uhrmacher empfiehlt, aber wir empfehlen: Mach's so, dass Du Dich wohl fühlst, das ist dann schon der richtige Weg für Dich.

(Mit Revision ist hier die Grundüberholung mit Ausbau und Zerlegen des Werkes, Reinigung, Remontage bis zur neuen Regulierung gemeint – umgangssprachlich manchmal auch waschen, föhnen , legen genannt. Die regelmässige Überprüfung auf Dichtigkeit wird angesichts verschwinden geringem Aufwand und ebensolchen Kosten für alle Uhren, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie in die Nähe von Wasser geraten könnten auf jeden Fall empfohlen.)
Man liest sich!

Ralf
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