Magnetfelder in der Praxis
Mit einem Magnetfeld kommen wir alle dauernd in Berührung: dem Erdmagnetfeld. Am Äquator beträgt die Flussdichte etwa 30µT, an den Polen 60µT und in Mitteleuropa so rund 48µT. In Luft sind das also etwas unter 40A/m. Das ist wirklich wenig. Zum Vergleich: Die DIN 8309, die festlegt, ab wann sich eine Uhr >amagnetisch< nennen darf, nennt als Grenzwert 4800A/m (6mT). Da ist das Erdmagnetfeld natürlich weit davon entfernt, über zwei Zehnerpotenzen. Die Nivarox Unruhefeder schafft die Forderung der Norm ohne weitere Massnahmen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Norm als bleibende Abweichung 30 Sekunden pro Tag zulässt (erstaunlich viel!), das Erdmagnetfeld ist keine Bedrohung.
Wie kann man sich 4800A/m vorstellen?
Die Haftmagneten, die wohl jeder kennt, sie kleben an Whitebords, Tafeln, Kühlschränken in allen möglichen Farben und Grössen, um Zettel und ähnliches festzuhalten, die liegen in dieser Grössenordung, wenn sie etwas kräftiger sind sogar darüber.
Haftmagnete
Warum sind unsere Uhren denn dann nicht andauernd magnetisiert?
Sie sind dauern magnetisiert. Aber bitte nicht erschrecken, meistens ist so wenig, dass es gar nicht auffällt. Ein deutscher Uhrenhersteller hat Zahlen veröffentlicht, dass circa die Hälfte aller getragenen Uhren eine nachweisbare Magnetisierung aufweisen. Dass sie so wenig magnetisiert sind hängt mit der oben schon erwähnten Kugeloberfläche zusammen.
- Die Oberfläche einer Kugel nimmt mit dem Radius im Quadrat zu.
- Flussdichte war der Fluss geteilt durch die Fläche.
Deswegen nimmt die Flussdichte mit dem Abstand zum Magnet im Quadrat ab (Siehe Beitrag >Dipole< weiter unten!). Hat man beispielsweise in 1mm Abstand 20mT, dann sind es in 10mm 0,2mT und in 100mm 2µT, also weniger als das Erdmagnetfeld. Man muss also diesen haushaltsüblichen Magneten schon sehr nahe kommen, damit es zu Problemen kommt.
Wo lauern sonst noch solche Magnete?
Spielzeug, da steht irgendwo >Magneto< oder so was ähnliches drauf. Oft als Kugeln und Stäbe, aus den man lustige Sachen bauen kann, wobei die Kugeln eher harmlos sind; die Stäbe sind die Magnete.
Magnetbaukasten
Gemeiner sind schon die versteckten Exemplare, die irgendwelche Klappen oder Türen festhalten. Kühlschranktüren werden heute so gebaut, weil die Verriegelung mit Schloss von früher manchmal zur Todesfalle wurde. Kinder haben sich drin versteckt und kamen nicht mehr raus. Auch die Bundesbahn hat da eine besondere Erwähnung verdient: sie hatte ein Zeit lang Klapptische, bei denen der Magnet zum Hochhalten nicht im Vordersitz, sondern in der Tischplatte eingebaut war. Laptopbenutzer, die ihre Festplatte über dem Magnet haben drehen lassen, hatten ihre besondere Freude!
Eigentlich stecken auch in (fast) allen kleineren Gleichstrommotoren und Lautsprechern starke Permanentmagnete. Nur sind die da eingebaut, um eine bestimmte Bewegung zu erzeugen und die Konstrukteure haben sich normalerweise ziemlich viel Mühe geben, den magnetischen Fluss genau und nur dorthin zulenken, wo er gebraucht wird. Also nicht irgendwo in die Umgebung, sondern nach innen. Beim Basteln an so was natürlich aufpassen. Manchmal lassen sich Streuverluste nicht ganz vermeiden, zum Beispiel die Schrauben, die die Hochtöner von HiFi-Lautsprechern zusammenhalten, erzeugen öfters ein ziemlich starkes Magnetfeld in ihrer unmittelbaren Umgebung.
Werkzeuge sind auch manchmal mit Magneten versehen, wenn sie was halten sollen.
Messuhrenständer mit abschaltbarem Magnet und Messuhr
Gibt es auch richtig starke Magnete?
Ja, aber nicht im normalen Haushalt. Krankenhäuser und Forschungseinrichtungen haben so was. Man kann wie schon gesagt praktisch jedes Material magnetisch anregen, wenn der Magnet nur stark genug ist. Dies macht sich die Kernspintomographie zu nutze, um ohne Röntgenstrahlen oder Aufschneiden in den Patienten hineinzusehen. In der Kernforschung werden mittels Magneten Atompartikel beschleunigt, die Magnete dafür sind die aktuell stärksten Magnete überhaupt. Aber: da stehen überall so viele Warnschilder rum, da kommt man mit Uhr eigentlich gar nicht erst hin. (Ohne meistens auch nicht
)
Wer mal ein interaktives Naturwissenschaftsmuseum wie das Technorama in Winterthur besucht: Auch da stehen an den betroffenen Stellen Warnschilder.
Nachtrag Oktober 2010:
Die Firma war so nett, ein Gaußmeter anzuschaffen, das Gleich- und Wechselfelder messen kann.
Damit haben wir einige Magnete ausgemessen, unter anderem auch die oben gezeigten.
- Die Whiteboardmagnete
~4 mm über der Plastikkappe:
- Der grosse dicke Graue: 60 mT = 600 Gauß = ~4800 A/m
Auf der Magnetseite, unmittelbar auf der Haftfläche:
- Der grosse dicke Graue: 0,10 bis 0,13 T = 1000bis 1300 Gauß = ~90000 A/m
- Die drei mittleren Flacheren: 0,1 T = 1000 Gauß = ~80000 A/m
- Der kleine Rote: 0,08 T = 800 Gauß = ~64000A/m
- Das Spielzeug
- Direkt am Ende der Stäbe: 0,48 T = 4800 Gauß = ~380000 A/m
- In der Nähe (~1cm Abstand) des zusammengebauten Körpers: 20 mT = 200 Gauß = ~1600 A/m
(Die Stäbe schliessen sich quasi gegenseitig über die Kugel kurz)
- Der Messuhrenständer: 60 mT = 600 Gauß = 4800 A/m