Extrem, extremer...Testverfahren für die ultmative Extremuhr

Allgemeine Diskussionen rund um zeitgenössische Uhren
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Prem Amido
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Beitrag von Prem Amido »

Albert H. Potter hat geschrieben:Der Einsatz einer Waschmaschine kann sehr aufschlußreich sein. Kochwäsche, Schleudergang, so trennt man die Spreu vom Weizen.
Um wissenschaftlich zu bleiben, sollte man immer mit dem gleichen Waschprogramm testen !
Um die Kratzfestigkeit zu testen kann man statt Megaperls noch einige Nägel oder Hartmetall-Wendeschneidplatten in die Trommel geben.

Und nicht vergessen: Bilder einstellen !
....
Grantler hat geschrieben:Hi,

vorher noch mit der Uhr Golf spielen.
Nicht am Handgelenk, statt Ball!
....
Ihr seid gemein.. :lol: :lol:

Aber:
wer würde sich einer solchen - all dies gut überstehenden - Uhr dann nicht rühmen?
Und wer baut sie denn endlich? :lol: :lol:
Liebe Grüße + eine gute Zeit
Prem Amido
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ocean2000
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Beitrag von ocean2000 »

Zitat Peter:
Viele der Vorgaben schließen sich gegenseitig aus oder schränken sich ein. Hier wird es dann richtig interessant. Es stellt sich dann die Frage, ob Hersteller wie Sinn, Omega oder IWC technische Gründe haben, Uhren für Flieger Taucher oder Ingenieure zu entwickeln, oder ob man dort nur den Sammler technischer Uhren "hinters Licht führen" will ?

Wenn man hier ein umfassendes Lastenheft zusammenstellen will, dann haben wir die neue Forumsuhr......
Also von IWC weiß ich, dass die Taucheruhren, die sie bauen, auch zum Tauchen verwendet werden können. Ich mach das mit meinen IWC´s seit 20 Jahren.

Meine mechanische Automatik-Idealuhr wäre eine, die bis min. 1000m wasserdicht ist, ein Weicheiseninnengehäuse gegen Magnetismus hat, die Schläge oder auf den Boden fallen ohne Gangveränderung übersteht, beim Golfspielen nicht aufgibt, Rütteltests wie Radfahren auf unwegsamen Gelände wegsteckt, nicht größer als 42-44mm ist und vor allem ein Gehäuse hat, das nicht sofort beim Tragen unter dem Hemd durch die Hemdknöpfe Kratzer bekommt. So was wie Chirurgenstahl oder Keramik wäre toll, wobei ich glaube, dass Keramik für so eine Uhr zu spröde ist.

Eine vernünftige Bandverlängerung wäre auch nicht schlecht, alles was ich bis dato in dieser Beziehung kenne, ist nicht geeignet, über einem Trockentauchanzug mit Ringsystem für die Trockentauchhandschuhe getragen werden zu können.

Ach ja, bezahlbar sollte das Ganze auch noch sein :-))

Für CF: Es muss keine Rolex sein und auch nicht wie eine aussehen :-)

Gruß aus Wien
Leon
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Ralf
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Beitrag von Ralf »

Es gibt Testverfahren, es gibt sogar genormte Testverfahren. Und es gibt die Uhrenindustrie, die glücklich und zufrieden mit der C.O.S.C. Prüfung lebt.

Solange 99% der Kunden nicht mehr verlangen
und
Solange die paar Grosskunden, die mehr verlangen, wie Beschaffungsämter vom Militär, nicht akreditierte Prüfungen sowieso nicht anerkennen (für ein Uhrenmodell alle paar Jahre wäre der Aufwand fürt einen Hersteller auch nicht gerechtfertigt, besonders, weil jede Armee ihr eigenes Süppchen kocht. Ein OK der US Navy ist der Bundesmarine egal und umgekehrt u.s.w.).

Solange wird sich auch nichts ändern.

Mal ein paar Beispiele:
Dichtigkeit
Die berühmt berüchtigten IPxy Klassen
x ist der Wert gegen Feststoffe, y der gegen Wasser
x/y = 0 : ist Null Schutz
x = 1 : Du kommst nicht mit der Faust rein
x = 2 : Du kommst nicht mit dem Finger rein
x = 3 : Du kommst nicht mit dem Schraubendreher ...
x = 4 : Dito mit deinem Drähtchen
x = 5 : Staub kann nur in kleinen Mengen rein
x = 6 : Superfeines Talkumpuder wird trotz Druckdifferenz nicht reingezogen
y = 1 : Es darf von oben drauftorpfen (Dach vorhanden)
y = 2 : Sprühwasser von oben
y = 3 : Srühwasser von schräg oben
y = 4 : Sprühwaser von überall, innen fast trocken
y = 5 : Darf unter den Wasserhahn
y = 6 : Darf vor den (kleinen) Feuerwehrschlauch
y = 7 : Darf bis 1 m für 24 h unter Wasser
y = 8 : Hersteller und Kunde müssen es aushandeln
y = 9 : Hochdruckreiniger ist ok

Klingt alles so harmlos, mehr oder weniger. Nur die Zulassungstellen, z.b. die UL, das ist der Verband der amerikanischen Sachversicherer, verlangt, dass das nicht bei nagelneuen Geräten passiert (so prüft die Uhrenindustrie), sondern zuerst 14 Tage bei maximaler Einsatztemperatur und > 90% Luftfeuchte (da gehen ggf. schon die ersten Dichtungen hopps, weil schlecht vulkanisiert), dann 14 Tage bei max. Temperatur trocken, damit die Weichmacher schön ausdampfen, dann einen Tag bei niedrigster Einsatztemperatur, damit alle Kunststoffteile richtig schön spröde werden.

Dann kommt der nächste hübsche Test

Schlagtest
man lässt ein Gewicht mit einer Stahlkugel unten dran, Durchmesser 20 mm, auf das fest eingespannte Gerät fallen, Damit man genau trifft, in einem Rohr. 3 Joule wäre da eine typische Forderung. Wäre ein Kilo aus 30 cm Höhe, Wer stifte seine Uhr für einen Versuch? Spektrum reich je nach Vorschrift so von 0,5 bis 5 Joule ...

Dann erst geht es in die IP Test!!!

Das Gegenteil vom Schlagtest ist
Schocken
Hier wird auch geschlagen, aber er Gegenstand kann, darf und muss dabei ausweichen. Früher hat man das gemacht, in dem man den Gegenstand auf eine Platte gelegt hat, und dann einen pendelartig aufgehängten "Hammer" seitlich dagegen hat fallen lassen. Bei neueren Verfahren wird das elektromagentisch angeregt. Wie auch immer, der Prüfling erfährt für ein paar Millisekunden eine deftige Beschleunigungen, so 30 bis 1000 G, je nach Wahl der Anforderung. (Richemont hat an zwei Stellen gezeigt, das sie das mit Armbanduhren machen: einmal bei dem neuen JlC Chrono mit dem Luftdämpfer, und das andere mal bei der IWC Ingenieur mit 80110. Immerhin 500 G, wenn ich mich richtig erinnere)

Vibrationseinflüsse werden mit
Schwingungsprüfungen
geprüft. Die einfacheren machen Sinusschwingungen, bei den sich typischerweise mit einer Oktave pro Minute die Frequenz ändert. Bei niedrigeren Frequenzen (typ. < 50 Hz) wird eher mit konstanter Amplitude gewackelt, bei höheren mit konstanter Beschleunigung. Neuer und aussagkräftiger Anlagen prüfen mit frei einstellbaren Breitbandspektren, weit verbreitet z.B. spektrale Beschleunigungsdichte. 1 (m/s²)²/Hz bei 5 bis 500 hz z.B entspricht ganz gut dem Erleben eines Handgelenks beim Mountainbiken und deftigem Untergrund.

Ich will gar nicht unterstellen, das die nicht so grosse Testtiefe in der Uhrenindustrie böser Wille wäre. Ich sehe es einfach so: Das Tun kostet richtig viel Geld, sowohl die notwendigen Investitionen, als auch dann die permanente Durchführung. Und solang man praktische keine Chancen hat, das Geld am Markt wieder reinzuholen, würde auch ich es nicht tun. Das wir es in der Firma so tun, hängt damit zusammen, das man bei sicherheitsrelvanten Anwendungen, und nur da kann man noch richtig Geld für die Geräte verlangen, gar nicht verkaufen darf, ohne es qualifiziert zu prüfen.

Die Reihe liesse sich mit Berstdruckprüfung, Helium-Lecktest, ... weiterführen, aber so wirklich spannend ist das Thema halt nicht, weswegen ich jetzt zum Ende komme.
Man liest sich!

Ralf
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Crusader
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Beitrag von Crusader »

[Spock mode]Fasziniernd ! 8) [/Spock mode]

.. und total spannend. Vielen Dank, Ralf! :D

Die amerikanischen Militärspezifikationen kommen da übrigens nicht mit, obwohl die Uhren auch auf alles Mögliche getestet werden (u.a. antimagnetische Einstufung von 10.000 A/m). Wenn ich mal ein bisschen mehr Zeit habe, stelle ich die entsprechenden Links ein.
raymond
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Fortsetzung bitte!

Beitrag von raymond »

@Ralf

Bitte noch Berstdruckprüfung, Helium-Lecktest, etc. HOCHINTERESSANT!!!

Gruß Raymond
Uhren sind die schönste Leidenschaft des Mannes!
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