paule1 hat geschrieben: ↑08 Feb 2018, 21:36Ich fand es halt grundsätzlich etwas komisch mit so etwas als deutscher Hersteller zu werben. Einerseits sind sicher viele Käufer dazu bereit mehr Geld zu bezahlen wenn eine Uhr Swiss Made ist. Andererseits müsste doch Rüschenbeck vor allem damit Werbung machen, dass sie diese Uhren selbst herstellen und somit etwas Besonderes sind weil sie ja dann keinesfalls Massenware darstellen wie zum Beispiel etwas von der Swatchgroup.
Now I get it.
Rüschenbeck dürfte in diesem Fall
Händler der Marke, aber
nicht Hersteller sein (
erwähnt wird ja auch ausschliesslich der Begriff "Marke"). Im Vergleich zu
Wempe oder
Bucherer, die für diesen Schritt einiges an Kapital aufgewendet haben, um selber als Hersteller aktiv zu werden, kauft Rüschenbeck hier mit allergrösster Wahrscheinlichkeit bei einem auf Private Label Produkte spezialisierten Schweizer Unternehmen (
ein Beispiel), das die Bedingungen fürs "Swiss Made" Label erfüllt, ein fertiges oder auf Vorgabe designtes Produkt ein, lässt dieses mit eigenem Logo bestücken und verkauft das Ganze dann als Eigenmarke an Kunden. Rüschenbeck wollte also aus nicht genannten/mir nicht bekannten Gründen vermutlich nicht selber Produktionskapazität aufbauen, sondern hat - wie zahlreiche andere Händler und teils auch Marken - ganz einfach auf einen bestehenden Zulieferer zurückgegriffen, der schon weiss, wie man Uhren herstellt. Vorteile: Der Kunde kriegt ein (tendenziell) ausgereiftes Produkt und muss nicht auch noch Entwicklungskosten mitbezahlen, und/oder der Anbieter erhöht relativ einfach seine Marge, nicht aber seine Investitionen. Dass man als deutscher Juwelier genau so gut auf einen deutschen Anbieter hätte kommen können, sehe ich übrigens ähnlich: Ich finde, ein "Made in Germany" hätte den Uhren von Rüschenbeck gut zu Gesicht gestanden (und es werden ja mit Nomos, ALS und Tutima auch mindestens drei deutsche Marken geführt), gleichzeitig richtet sich die Kollektion aber vielleicht eher an Kunden, denen das Swiss Made wichtiger ist.
Etwas weiter ausgeholt: Fast jeder Uhrenhersteller zieht für gewisse Komponenten spezialisierte externe Zulieferer hinzu (bspw. für Zifferblätter, Gläser, Boxen, Bänder, Schliessen etc.). In der Automobil-Industrie bspw. liefert Bosch Zündkerzen, Recaro Sitze und Continental Reifen etc., und niemand hat dort ein Problem damit, ein Produkt von einem Spezialisten zu kriegen. In der Uhrenindustrie hingegen hat man jedoch (m.M. zu stark) darauf fokussiert, dem Kunden vorzugaukeln, dass fast ausnahmslos alles selber von Hand hergestellt wird. Respektive in der Vergangenheit nicht wirklich transparent kommuniziert gehabt, wo denn was herkommt. Gibt aber weiterhin keine Alligatoren in der Schweiz, die für Bänder gemetzget werden dürfen...
Es gibt nun sog. "Manufakturen" (ein Begriff, den ich ausserhalb von Dufours (u.ä.) Atelier tendenziell nicht mag), die vergleichsweise mehr Wertschöpfung inhouse haben (bspw. JLC, Bovet etc.), dann gibt's Konzerne, die die nötigen Spezialisten nach und nach zugekauft haben (Swatch, Rolex etc.), oder Marken, die partiell auf externe Zulieferer zugreifen müssen/wollen. Und am anderen Ende des Spektrums hat's eben Marken, die die gesamte Produktion outsourcen. Wo Rüschenbeck in diesem Spektrum zu finden ist, ist mir selbstverständlich nicht bekannt, aber in der Regel investiert man zweistellige Millionenbeträge, um zur Manufaktur zu werden, was nicht für jedes Unternehmen erstrebenswert ist. Und nachdem ich beim Lesen des Website-Textes zumindest nicht unmittelbar Gefühl gekriegt habe, dass Rüschenbeck mit "The Watch" explizit vorgibt, selbst Hersteller geworden zu sein, kann ich auch daran kaum was kritisieren (wünschte mir aber generell einen transparenteren Umgang, wie oben beschrieben).
Umgekehrt hätte der Werbetext wohl eher so geklungen:
"Rüschenbeck eröffnet (wider Erwarten) eine eigene Uhrenmanufaktur im Mekka der Uhrenindustrie und erobert umgehend die Handgelenke Deutschlands mit einer eigenen Kollektion exklusiver Zeitmesser." Oder so.
