Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

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tick different
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Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von tick different »

Er hat viel Erfahrung mit Tourbillons, hat sie schon in verschiedensten Varianten und Grössen als Einzelstücke angefertigt. Nun lanciert Frank Jutzi eine Armbanduhr mit einem von ihm überarbeiteten chinesischen Tourbillonwerk. Und macht nicht etwa ein Geheimnis draus, sondern steht offen dazu.

Bei einem Rundgang durch die Baselworld 2007 entdeckte Jutzi mehrere chinesische Produzenten, die Tourbillonwerke anboten (dies neben unverblümt gezeigten Nachbauten von ETA-Werken). Bei einem Hersteller hingegen staunte der Meisteruhrmacher, die Konstruktion war ordentlich, lediglich die Ausführung liess Sorgfalt und Liebe zum Detail vermissen. „Mir wurde aber rasch klar, dass diese Werke mit entsprechender Überarbeitung durchaus auch höheren Ansprüchen genügen könnten. Natürlich nicht auf dem Niveau der wirklichen „Haute Horlogerie“, aber in einem ehrlichen vernünftigen Preisrahmen, der es auch einem nicht ganz so begüterten Uhrenliebhaber ermöglichen würde, den Traum der Tourbillon-Uhr zu verwirklichen.“

Jutzi ist gespalten, was die chinesische Werkproduktion und Uhrenindustrie angeht. Er anerkennt erstaunliche Fähigkeiten, die in China innert relativ kurzer Zeit entstanden. „Man muss sich auch nicht wundern – schliesslich lagerte die Uhrenbranche schon vor Jahren gewisse Arbeiten in die Billiglohnländer aus. Bis sie unser Qualitätsniveau und -bewusstsein erreichen, wird es noch dauern, aber sorgen sollte sich die Schweizer Industrie schon.“

Jetzt lanciert der nimmermüde Tüftler eine Kleinstserie einer Armbanduhr mit einem Tourbillon-Basiswerk aus China. Natürlich macht er sich damit nicht nur Freunde – die Branche beobachtet solche Aktivitäten mit Argwohn und ist mit der Klassierung „Nestbeschmutzer“ rasch zur Stelle.

Jutzi kümmert dies nicht gross. „Mich interessiert gute Uhrmacherei, und das gibt es nicht nur in der Schweiz. Ich respektiere die geleistete gute Vorarbeit der Chinesen und gebe mein Bestes bei der Überarbeitung, damit daraus wirklich schöne Uhren entstehen. Ich stehe auch mit meinem Namen für das fertige Endprodukt hin und gewähre eine Garantie. “


Bild
©2008 Uhrsachen, Bern

Details siehe hier: http://www.uhrsachen.ch/tickdifferent/?p=161.
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Grünschnabel
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Grünschnabel »

Ich weiß nicht ob ich einen "noch vierstelligen Frankenbetrag" für ein überarbeitetes Tourbillonwerk aus China ausgeben, oder lieber etwas spare und mir den Traum vom Tourbillon (den ich bis jezt eh nicht habe:) etwas später erfüllen würde. Ich denke es gibt da von JLC einen Tourbillon, der preislich weit unter dem liegt, was normalerweise für ein Werk mit dieser Komplikation verlangt wird. Und ich könnte mir vorstellen, daß man mit diesem "Volkstourbillon" sicherlich längere Zeit seine Freude haben wird als mit seinem chinesischen Pendant.
Gruß, Stefan
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Karlo
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Karlo »

Also 35000 fuer etwas was die Chinesen fuer 2000 hinkriegen?
Mich reizt ein Tourbillon auch nicht, es sei denn mal zum auseinanderbauen :whistling:
Aber da werden wohl bald heftige Preisabschlaege kommen wenn die Grossen weiter verkaufen wollen.
Und die Konstruktion steht in China, das ganze verbessern kommt nun.
Das ist seit der Kamerakopiererei in Japan in den 60ern deren Strategie.
Erstmal Maschinen hinklotzen die so irgendwie verwertbare Teile ausspucken und den Schrott verkaufen.
Und wo die Fototechnik heute herkommt sieht man ja.

Karlo
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AlexH
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von AlexH »

Ich seh es eher so, daß bei der Konsolidierung im Uhrensektor die in den nächsten Jahren ansteht, ein Tourbillon aus China das geringste Problem darstellt.

Gruß
Alex
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Thomas H. Ernst
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Thomas H. Ernst »

Grünschnabel hat geschrieben:Ich denke es gibt da von JLC einen Tourbillon, der preislich weit unter dem liegt, was normalerweise für ein Werk mit dieser Komplikation verlangt wird. Und ich könnte mir vorstellen, daß man mit diesem "Volkstourbillon" sicherlich längere Zeit seine Freude haben wird als mit seinem chinesischen Pendant.
Von JLC? :shock: :shock:

Ich vermute, Du verwechselst das mit dem "Volkstourbillon" von Progress. Da muss ich Dir allerdings sagen dass dieses weder technisch noch optisch eine besondere Sache war. Scheinbar haben wir hier die selbe Diskussion wie bei Hemess mit den Miyota-Werken. Weils aus ASien kommt kanns nix sein, egal wer wieviel dran geschraubt hat.

Hat einer übrigens den Test der Hemess schon gelesen? :wink:
Grüsse Thomas
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andreaseck
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von andreaseck »

Thomas H. Ernst hat geschrieben: Von JLC? :shock: :shock:
Gut, in der Stahlversion ist das Tourbillon von JLC mit 35.000 Euro immer
noch ein Schnäppchen, wenn man sieht was andere Marken verlangen
(Breguet, Lange, GP oder Patek).

Vom Tourbillon von Progress halte ich jetzt nicht so viel.

Gruß
Andreas
tick different
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von tick different »

Karlo hat geschrieben:Also 35000 fuer etwas was die Chinesen fuer 2000 hinkriegen?
Mich reizt ein Tourbillon auch nicht, es sei denn mal zum auseinanderbauen :whistling:
Aber da werden wohl bald heftige Preisabschlaege kommen wenn die Grossen weiter verkaufen wollen.
Und die Konstruktion steht in China, das ganze verbessern kommt nun.
Das ist seit der Kamerakopiererei in Japan in den 60ern deren Strategie.
Erstmal Maschinen hinklotzen die so irgendwie verwertbare Teile ausspucken und den Schrott verkaufen.
Und wo die Fototechnik heute herkommt sieht man ja.

Karlo
Heftiger Rundumschlag, denn ich aber nicht ganz verstehe.

Wie und kommst du auf die 35'000? (Jutzis Uhr kostet <10'000 CHF / 6500 EUR)
Welche Konstruktion steht in China?
Was hat die Strategie der 60er in Japan mit den Chinesen zu tun?
Wer hat wem welchen Schrott verkauft?

Klär mich bitte auf, ich möchte gerne verstehen, was du uns sagen möchtest.
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Grünschnabel
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Grünschnabel »

andreaseck hat geschrieben:
Thomas H. Ernst hat geschrieben: Von JLC? :shock: :shock:
Gut, in der Stahlversion ist das Tourbillon von JLC mit 35.000 Euro immer
noch ein Schnäppchen, wenn man sieht was andere Marken verlangen
(Breguet, Lange, GP oder Patek).

Gruß
Andreas
So war das gemeint. Deswegen habe ich das Volkstourbillon auch in Anführungstriche gesetzt. Ich wollte zum Ausdruck bringen, daß bevor ich knappe 10000 Franken (so verstehe ich jedenfalls die Aussage über den Preis des Herstellers zur hier diskutieren Uhr), was ja auch nicht gerade wenig Geld ist, für einen Chinatourbillon ausgebe, ich das Projekt Tourbillon um einige Jährchen nach hinten verschieben, dafür aber eine ordentliche Uhr kaufen würde.
Ich kann mir nämlich nicht vorstellen (lasse mich aber durchaus gerne eines Besseren belehren), daß ein Chinatourbillonwerk technisch und funktionell mit dem Tourbillonwerk eines Herstellers mithalten kann, der schon seit weit über 100 Jahren Erfahrung mit mechanischen Uhrwerken gesammelt hat.
Gruß, Stefan
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andreaseck
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von andreaseck »

Grünschnabel hat geschrieben: So war das gemeint. Deswegen habe ich das Volkstourbillon auch in Anführungstriche gesetzt. Ich wollte zum Ausdruck bringen, daß bevor ich knappe 10000 Franken (so verstehe ich jedenfalls die Aussage über den Preis des Herstellers zur hier diskutieren Uhr), was ja auch nicht gerade wenig Geld ist, für einen Chinatourbillon ausgebe, ich das Projekt Tourbillon um einige Jährchen nach hinten verschieben, dafür aber eine ordentliche Uhr kaufen würde.
Ich kann mir nämlich nicht vorstellen (lasse mich aber durchaus gerne eines Besseren belehren), daß ein Chinatourbillonwerk technisch und funktionell mit dem Tourbillonwerk eines Herstellers mithalten kann, der schon seit weit über 100 Jahren Erfahrung mit mechanischen Uhrwerken gesammelt hat.
Ich sehe es auch so.
Und vor allem, wer wird mir so ein Chinateil in Zukunft reparieren?

Gruß
Andreas
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Thomas H. Ernst
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Thomas H. Ernst »

Manchmal kann man nur noch staunen! :shock:

Tourbillons in Armbanduhren sind eine Sache mit der KEIN Uhrenhersteller in der Schweiz wirklich Erfahrung hat und selbst in Taschenuhren waren die Dinger eher selten. Daher kommt es auch, dass 95% aller in Schweizer (und deutschen) Uhren angebotenen Wirbelwinde aus den selben 3 Buden kommen.

Was den Service angeht: Wer wird die ganzen Claret-Tourbillons mal reparieren wenn der Christophé mal keine Lust mehr hat?
Grüsse Thomas
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Reiker »

Hallo Thomas, würdest Du das mit den Buden bitte etwas ausführlicher erklären, und wer ist Christophe..?

Danke. :D
Thomas H. Ernst hat geschrieben:Daher kommt es auch, dass 95% aller in Schweizer (und deutschen) Uhren angebotenen Wirbelwinde aus den selben 3 Buden kommen.
Was den Service angeht: Wer wird die ganzen Claret-Tourbillons mal reparieren wenn der Christophé mal keine Lust mehr hat?
Gruß Karl
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andreaseck
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von andreaseck »

Reiker hat geschrieben:Hallo Thomas, würdest Du das mit den Buden bitte etwas ausführlicher erklären, und wer ist Christophe..?
http://www.claret.ch/en/horloger.html

Gruß
Andreas
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Reiker »

Bedankt. :D
andreaseck hat geschrieben: http://www.claret.ch/en/horloger.html
Gruß Karl
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Thomas H. Ernst
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von Thomas H. Ernst »

Reiker hat geschrieben:Hallo Thomas, würdest Du das mit den Buden bitte etwas ausführlicher erklären, und wer ist Christophe..?
Wenn es auch nicht alle zugeben aber in der Branche müht sich kaum einer mit Tourbillons ab. Die preiswerten kommen von Progress, der Rest von Christophé Calret oder Renaud & Papi. Das gilt auch für sächsische Uhrenanbieter.

Natürlich gibt es Ausnahmen, so baut z.B. Beat Haldimann sein Zentraltourbillon selbst und das Gyrotourbillon von JLC ist ebenfall eine Eigenkreation. Stückzahlenmässig haben diese Modelle aber kaum Bedeutung.
Grüsse Thomas
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jeannie
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Re: Frank Jutzi mit chinesischem Tourbillonwerk

Beitrag von jeannie »

tick different hat geschrieben: Was hat die Strategie der 60er in Japan mit den Chinesen zu tun?
Wer hat wem welchen Schrott verkauft?

Klär mich bitte auf, ich möchte gerne verstehen, was du uns sagen möchtest.
Etwas Wirtschaftsgeschichte müsste eigentlich Pflichtstoff in der Schule werden. Aber wie so oft wird aus der Geschichte nichts gelernt.

Die Schweiz vor 150 Jahren war etwa so weit wie China vor 20 Jahren: alle mausarm und hauptsächlich von der Agrarindustrie abhängig. Die Schweiz war ein Billiglohnland wo Billigprodukte hergestellt wurden. Die Landesausstellung von 1914 hatte gemäss dem damaligen Bundesrat den Zweck, die Schweiz als aufkeimenden Industriestandort zu zeigen und damit einen Weg aus der Armut zu finden.

Ausländische Investoren begannen, in der Schweiz erste Fertigungen aufzustellen. In der Ostschweiz stellten billige Heimarbeiter Stickereien und Stoffdrucke her, im Hinterland des Jura wurden in den langen Winterabende in Heimarbeit Uhrenteile hergestellt. Brown und Boveri gründeten ihre erste Fabrik, Maggi und Nestle kamen aus Süddeutschland. Der gemeine Schweizer musste erst lernen, als Fabrikarbeiter seinen Lebensunterhalt verdienen. Deutsche zeigten, wie man in der Werkstatt den Hammer in die Hand nimmt und auf welche Seite der Schraubenzieher zu drehen ist. Die Italiener waren Lehrmeister wie man Ziegelsteine aufeinandermauert und die Spitzhacke schwingt. Die Franzosen brachten den Welschen bei, mit einer Feile ein Uhrenrad zu feilen.

Hört sich alles nett an und hat so weit keinen grossen Einfluss da nur ein paar einzelne Millionen da vor sich hin mauschelten. In Japan war es ähnlich. In China passiert im Moment das gleiche, nur dass es dort 1000 Millionen Menschen sind. Sie werden nicht so lange brauchen wie die Schweizer.
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