Das ist sicherlich falsch rübergekommen.
Ich will präzisieren, was ich an diesem Design und seiner entwicklung nicht mag.
Da ich selbst beruflich Entwürfe und Konstruktionen in Solidworks mache, weiß ich, was regelmäßig beim Designprozeß abläuft.
Es gibt vor allem Vorgaben für den Entwurf auf verschiedenen Ebenen.
ZB:
- offizielle Normen, die berücksichtigt werden müssen (DIN für Taucheruhren/ Fliegeruhren bzw das Erreichen von Chronometerstandards)
- interne technische Vorgaben (Materialien, Kronenschutz, Nachtablesbarkeit, bestimmte WD oder Magnetfeldschutz etc)
- Lieferantenvorgabe (Uhrwerktyp, Verwendung eines bestimmten Kronensystems, Zeigerhersteller, Armband und Schließe, etc)
- Hausinterne Designvorgaben (zB Ähnlichkeiten zu bestehenden Produkten der eigenen Marke / oder der Mitbewerber: "Die haben sowas, also brauchen wir das auch...")
Bei den Normen kann man nicht viel machen, insbesondere da sie im Uhrenbereich so simpel sind, daß man sich den Kopf über kreative Normenauslegung nicht zerbrechen muß. Die Einhaltung der Normen bei Uhren muß offiziell nicht zertifiziert werden. Sogar die Einreichung von Uhren zur Chronometerprüfung ist freiwillig.
Technische Vorgaben ergeben sich aus dem Einsatzzweck. Dazu kann man sich bei Wikipedia über das Berufsprofil des Flight Engineer informieren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Flugingenieur
(Der Artikel zeigt sehr schön, daß Flugingenieure auf modernen Flugzeugen so sehr benötigt werden, wie Dampfkesselheizer im ICE. Ergo geht es um technische Vorgaben für eine Verwendung, die ausstirbt.)
Was die Guinand Uhr wohl zur Uhr für Flugingenieure machen soll, ist der Magnetfeldschutz.
https://www.youtube.com/watch?v=gk65AzD ... atch_on_yt
Warum die Uhr wie eine Taucheruhr daherkommt, wird nicht klar.
Bei Guinand ist die Lunette nicht rastend und daher in beide Richtungen drehbar.
(Pensionierte Flugingenieure werden wissen, wofür man das mal brauchte.)
Die gute Ablesbarkeit wird durch ein Kontrastzifferblatt und Superluminova erreicht. (Wo habe ich nur diese Ziffern schon einmal gesehen?)
Was hausinterne Vorgaben betrifft, ist die Firma Guinand eigentlich unabhängig von Vorgaben einer Gruppe wie Richmont oder Swatch.
Leider scheint es bei Guinand so zu sein, daß man sich immer noch nicht vom "Sinn" Erbe lösen konnte. Man spielt noch immer die Auffangmarke für preisbewußte Sinn-Groupies, die sich nicht mit der Profilschärfung und Weiterentwicklung der Firma Sinn Spezialuhren abfinden wollen.
Der Blick auf die Seite zeigt Einheitsbrei.
Alles was hier gezeigt wird, kann man auch anderswo finden.
Was ist hier typisch Guinand?
Es bleibt ein Wettbewerb über den Preis. Das mag alte Sinn-Tradition sein, aber will man dafür Geld ausgeben?
Hier ein Überblick:
https://www.guinand-uhren.de/uhren.html
Ich empfinde dieses Design als unemanzipiert.
Ich habe nicht das Gefühl, daß man sich bei Guinand zusammengesetzt hat, um zu Überlegen, wie Uhren für Piloten, Stewardessen, Flugzeugfahrwerksradmutternschrauber, Mongolfierern-Heizer oder eben Flugingenieure aussehen sollten.
Diese Uhren sehen so aus, als hätte man sich insgesamt nicht viele Gedanken gemacht, sondern nur zum nächsten Mitbewerber geschielt.
Einem Mitbewerber, der uns mit Silikonölfüllungen, Trockenhaltetechnik, Eistaucher-Spezialöl, Diapal und Tegimentierung, jede Menge Innovationen bescherte. Und das als ein im Branchenvergleich kleines Unternehmen, jenseits der Zulieferer-Ansiedlungen.
Es ist in meinen Augen bewundernswert, wenn ein Unternehmen Entwürfe herausbringt, die eine ganze Uhrengattung neu interpretiert und dabei hoch funktional ist. Bei Taucheruhren wäre das zum Beispiel die Ocean 2000, deren Gehäuse über das innovative Design hinaus ganz ohne ein albernes Heliumventil auskommt.
Nehmen wir, als mit Guinand vergleichbar kleine Marke, die Firma Temption, die es geschafft hat, mit einer grundlegenden Design-Idee, eine eigenständige Marke aufzubauen. Hier hat man das Gefühl, daß alle äußeren Teile im Haus entworfen wurden und dann Zulieferer gesucht wurden, die Zeiger, Zifferblatt, Gehäuseteile und Band genau so herstellen können, daß es dem Entwurf entspricht.
Die Guinand-Uhren machen den Eindruck, als hätte man aus den Katalogen der Zulieferer ausgewählt und nur noch angemerkt, das Logo auf die Krone zu setzen. Natürlich spart es Geld, wenn man aus der Großserie wählt, aber es ist irgendwie arm.
Mir ist das Preisargument auch klar. Die Uhren von Sinn und Temption sind teurer als die Guinand-Modelle, aber das hat seinen Grund.
Natürlich haben auch die Guinand-Uhren ihre Existenzberechtigung und sei es als preisgünstige Alternative auf dem Markt.
In meinen Augen begibt sich die Argumentation damit auf das Niveau chinesischer Hersteller, die ebenfalls versuchen den preisbewußten Markt zu bedienen. Abgesehen von der Frage, welche Komponenten der Guinand-Uhren möglicherweise aus asiatischer Zullieferung stammen, überlege ich, ob eine China-Uhr auf dem gleichen Preisniveau der Guinand-Uhren nicht mehr zu bieten hat.
Die Zeit wird zeigen, ob sich Guinand am Markt behaupten kann. Wenn sie sich behaupten, dann sicher nicht über den Preis.
Preiswerte Grüße!
Peter