ulrich hat geschrieben:Die Ref 5196 von PP, Calatrava, ist ein Bild von einer Uhr. Aber das Cal 215PS ist zu klein und wird hinter einem Druckboden versteckt.
Das passt nicht zusammen mit meinem Verständnis einer "schönen Uhr", darum habe ich mich gegen diese und für die Langematik ohne Datum entschieden.
Hallo Ulrich,
eine gute Entscheidung.
Ich stehe überdimensionierten Werkhalteringen auch ablehnend gegenüber. Warum ohne Not (in funktionaler Hinsicht) die Uhr "aufgebläht" wird, entzieht sich meiner Einsicht. Überhaupt, ich kann diesem Trend zur großen Uhr nichts abgewinnen. Für mich ist die mechanische Uhr ein Mikrokosmos, in dem die Grenzen der Miniaturisierung vor dem Hintergrund des funktionalen Ziels, die Zeit möglichst präzise anzuzeigen, ausgelotet werden.
In diesem Sinne muss für mich ein Uhr über eine innere und äußere Stringenz verfügen, aus der sich die vollendete Einheit ergibt. Das Werk muss zum Gehäuse passen und vice versa.
Nicht nur in diesem Punkt bewundere ich die frühen A. Lange & Söhne-Uhren, die von Günter Blümlein, Walter Lange und Reinhard Meis (dem sogenannten "Ästhetik-Kommitee") konzipiert wurden.
Seit der Übernahme durch Richemont spüre ich bei den neuen Modellen eine Veränderung (auch hinsichtlich des Designs), durch die die Magie der Modelle aus der Blümlein-Ära in meinen Augen klar abnimmt bzw. ganz verschwindet.
Warum ist die große Langematik so groß? Ist das wunderschöne Werk größer geworden oder der Werkhaltering?
Gelegentlich greife ich zu dem Buch "A. Lange und Söhne - Eine Uhrmacher-Dynastie aus Dresden" von Reinhard Meis, das wunderbar die Ableitung der modernen Lange-Uhren (nur Blümleins-Zeit) aus der beeindruckenden A. Lange & Söhne-Historie verdeutlicht.
ulrich hat geschrieben:Wir sollten uns erst mal klar machen, welche minimalen
Geschmacksunterschiede uns trennen.
Uns beide sowieso.
ulrich hat geschrieben:Wir unterhalten uns hier über mechanische Armbanduhren mit "klassischem" Aussehen. Das ist ungefähr vergleichbar mit dem Diskussionsthema "britische Roadster der 50er Jahre". Die Grundkonzeption ist immer dieselbe, nur vergleichsweise winzige Details führen zu Meinungsverschiedenheiten.
Ich empfinde die Gruppe der mechanischen Armbanduhren mit "klassischem" Aussehen als ziemlich heterogen, wobei ich allerdings in letzter Zeit eine Vereinheitlichung des Designs selbst bei unterschiedlichen Marken (aber unter dem Dach einer übergeordneten Holding) feststelle.
ulrich hat geschrieben:Leider muss ich wieder mal mein Foto hier einstellen.
Es muss Dir nicht leid tun, eines Deiner Fotos dieser wunderbaren Uhr hier zu zeigen, im Gegenteil! Ich freue mich darüber.
Der Datograph war im Prinzip die Uhr, die meinen seit Kindheitsbeinen vorhandenen Uhren-Virus wieder virulent werden ließ.
ulrich hat geschrieben:Die Kritiker sprechen vom "Pandagesicht".
Erst wenn mir die Kritiker einen Pelz bei dieser Uhr zeigen können, dann glaube ich ihnen die Mär vom "Pandagesicht".
ulrich hat geschrieben:Es ist nicht symmetrisch, bietet dem Auge durchaus "Stolpersteine", aber in meinen Augen trotzdem sehr harmonisch, obwohl nicht nach dem "goldenen Schnitt" entworfen.
Es gibt zwei gleichseitige Dreiecke, die zum einen von den drei römischen Ziffern und zum anderen vom Großdatum und den beiden Totalisatorenzentren gebildet werden. Außerdem gibt es ein Rechteck von den vier Indexen, das eine Entprechung im Rahmen den Datums und den Chronodrückern findet. Man könnte noch mehr Details erkennen (an den Zeigern), aber das ist vielleicht auch etwas an den Haaren herbeigezogen, da ich tatsächlich natürlich nicht weiß, was sich die Designer gedacht haben.
Ich empfinde beim Betrachten des Zifferblattes das Gefühl einer komplexeren Symmetrie, die sich nicht auf den ersten Blick mitteilt, aber dann um so mächtiger wirkt.
ulrich hat geschrieben:Ich denke, die konstruktive Schönheit ist auch hier vorhanden.
Diesen untertreibenden Satz möchte ich unbedingt unterschreiben.
ulrich hat geschrieben:Zugegebenermaßen wird beim "Datograph Perpetual" diese Harmonie durch den größeren Gehäusedurchmesser und die kleinen Zusatzanzeigen stark verwässert.
Das befürchte ich auch. Die Überschneidungen der diversen Anzeigen empfinde ich als störend und nicht dem frühen Lange-Design entsprechend.
ulrich hat geschrieben:Ich bin mir nicht sicher, was Günter Blümlein zu dieser Uhr sagen würde.
Ich habe da so eine Vermutung.
Ich vermute auch, dass er sich zu einigen Modellen der Marken IWC, JLC und VC äußern würde.
Schade, dass seine Stimme für alle Zeit verloschen ist.
ulrich hat geschrieben:
Die Uhren, die unter seiner Leitung entstanden, sind für mich bis heute nach wie vor die schönsten von Lange und Söhne.
Korrekt! (s.o.)
ulrich hat geschrieben:Übrigens, die einzige Uhr, von der ich weiß, dass der "goldene Schnitt" angewandt wurde, ist die "Forma" von Parmigiani.
Schau sie Dir doch daraufhin mal an, leider habe ich kein Bild zur Hand.
Danke für den Hinweis. Dieses Modell spricht mich leider gar nicht an; dann schon eher die Toric.
Zum Thema "Goldener Schnitt" habe ich etwas in einem Interview mit den beiden Glashütte-Original Konstrukteuren Christian Schmiedchen und Peter Schmidt im Momentum-Heft von Glashütte Original gelesen, dass ich hier kurz zitieren möchte:
Schmiedchen antwortet auf die Feststellung "Konstruktion ist das eine, Design das andere. Über 80 Prozent der Käufer entscheiden sich der Optik wegen für eine Uhr.":
"Schmiedchen: Das Gesichtsfeld der Uhr ist nach genauen
naturwissenschaftlichen-physikalischen Gesetzmäßigkeiten
ausgeixt: nach dem Goldenen Schnitt. Wenn man nachmisst,
stehen alle Anzeigen im Goldenen Schnitt. Auch beim
Kaliber 95, das sich sogar in der Anordnung der drei
Drücker wiederspiegelt, es sind genau 0,61. Und alle schönen
Dinge, auch in der Natur, sind nach dieser göttlichen
Regel ausgerichtet. Der Konstrukteur ist beim Design immer
verpflichtet zu sagen: Das ist meine Vorlage. Die ganze
Pano-Reihe basiert auf dieser Grundkonstruktion."
(Glashüte Original-Hauszeitschrift "Momentum" Ausgabe 1/2006, S. 39)
Ich finde es bemerkenswert und frage mich, ob auch die Konstrukteure andere Uhren-Marken ähnlich konsequent in Anwendung dieses Grundsatzes sind?
So, mein Stündlein hat geschlagen, zumindest (und hoffentlich) nur für heute Nacht, denn es gibt in diesem schönen Forum doch so viele interessante Äußerungen zu lesen.
Herzliche Grüße und Danke für Deine Kommentare (und das schöne Bild des symmetrischen und sympathischen Datograph)
Dirk