Neues Inhouse-Kaliber von GP

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cool runnings
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Beitrag von cool runnings »

PeterCDE hat geschrieben:Na denn, wenn das Alteisen soviel Anklang findet...
Nochmal in gross und nur für hier:

Bild
Schööööön !

Du schaffst es noch, dass ich mich doch noch mal intensiver mit GP beschäftigen muss. :wink:
PeterCDE
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Beitrag von PeterCDE »

Gerade die Uhr war vielleicht ein nicht ganz passendes Beispiel, weil bei GP nur zwei Stück mit diesem Werk zu Testzwecken gebaut wurden.
Dafür hat das Teil eine riesige Guillaume-Unruh und eine sehr schöne Stahl-Spirale, neben anderen netten Details:

Bild

(ich glaube, wegen der Größenreduzierung sollte man das Bild anklicken)

Man sieht es der Uhr nicht an, aber damals war das eine beträchtliche Menge an Arbeit (weit mehr, als man heute für ein Tourbillon benötigt).

Witzig finde ich das lose Taschenuhr-Werk aus dem verlinkten Posting oben.
Zum einen entspricht die Basis denen der 3-Brücken-Tourbillon. Zum anderen ist es ein Federchronometer mit Wippe und Kugel-Spirale, was schon ziemlich ausgefallen ist und trotz Renovierungsbedarf nett anzusehen:

Bild

Bild

Bild

(die kann man wohl auch anklicken)

GP hat zwar reichlich Durchschnittsware produziert, aber immer auch ein paar interessante und schöne Sachen mit eigenen (manchmal recht eigenwilligen) Konstruktionen. Eine Art von "Navitimer" hatten die schon 10 Jahre vor Breitling patentiert, ein Großdatum gab es 1936, das einzige wirklich erfolgreiche Quartzwerk aus der Schweiz bis weit in die 70er und eine Garantie auf das Gangergebnis der (mechanischen) Uhr am Arm im Alltag, zu die sich sonst keiner durchringen konnte...
Heute ist GP sicherlich anders und weit mehr auf Luxusuhren spezialisiert, aber auch weit mehr Manufaktur als in der Zeit zwischen 1920 und 1980.
Es ist auch heute noch ein ziemlich kleiner Laden in dem viele Dinge in Handarbeit entstehen; die PR-Abteilung ist extrem überschaubar und selbst im Hauptgebäude sitzt der Technische Direktor noch da, wo vor 60 Jahren sein Vorgänger residierte. Dazu ist es ein Familienbetrieb, was mir die Marke irgendwie ziemlich sympathisch macht. Schöne und ausgefallene Uhren bauen sie auch. Die kennt zwar nicht jeder, aber es ist halt auch kein Werbe-Etat wie etwa der von Richemont vorhanden (oder deren Vorgaben und Entwicklungshilfen, aber das muss ja auch kein Nachteil sein und es geht ja ersichtlich auch ohne). Und einige interessante Altertümer und "Geschichten" hat es auch. Das bleibt nicht aus bei mehr als 210 Jahren Firmengeschichte.

GP als kleinen Außenseiter mit interessanter (und echter) Historie finde ich schon ganz spannend, zumal sich in den letzten 10 Jahren sehr viel getan hat. Von den neuen und den alten Uhren hat mich auch noch keine enttäuscht, weshalb ich GP (und den Ableger JeanRichard) eigentlich als "Sammelmarke" sehe. Die Dinger aus den 30er bis 70er Jahren reichen zwar qualitativ nicht an die Patek aus der gleichen Zeit heran, dafür baut GP halt heute bessere Uhren als je zuvor. Und das kann heute auch nicht jede Marke von sich behaupten :-)

Beste Grüße,

Peter
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Hauke Heffels
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Beitrag von Hauke Heffels »

Hallo Peter,

ja das Peseux 260 gab es auch für GP. Woher hast Du die Angabe über die Anzahl ? Ich frage das deshalb weil ich mich wie Du sicher weißt mit OB Caliberen beschäftige und die Zahlen einiger Firmen recht gut recherchiert habe, und dabei immer wieder festgestellt habe das die Fakten oft wenig mit den in Sammlerkreisen kursierenden Angebaben gemein haben.

So sind die 43 bekannten Uhren z.B. von Ulysee Nardin mit einem Peseux 260 Caliber geradezu Raritäten. Hingegen war ZENITH mit 160 Exemplaren des Caliber 707 ähnlich stark vertreten wie LONGINES mit dem Caliber 360. Beide Caliber hatten jedoch gegenüber dem Werk von Peseux einen entschiedenen Nachteil: Es war von Anfang an klar das ihre Marktchancen sehr gering waren, da sie speziell für die Observatoriumswettbewerbe konzipiert wurden. Es waren Exoten. Das Peseux 260 jedoch hatte aufgrund seiner Proportionen einen klaren aus kaufmännischer Sicht betrachteten Vorteil: Es konnte als normales rundes Handaufzugscaliber „eingeschalt“ werden. Die Vorgabe zur Entwicklung des Peseux 260 war einem breiten Teilnehmerkreis, die nicht über ein eigenes OB-Caliber verfügten ein solches zu liefern, aber es bot sich auch geradezu für die kommerzielle Vermarktung an. So betrachtet sind die bekannten Uhren mit diesem Werk als wesentlich seltenere einzustufen als die der anderen Caliber. Denn scheinbar verwechseln einige Enthusiasten die Produktionszahlen mit den „wirklichen“ Observatoriumschronometern. So beträgt die produzierte Stückzahl des Zenith Taschenuhr- Cailbers 5011 ca. 7500 Exemplare. Die Anzahl der Observatoriumschronometer jedoch nur ca. 250 Stück, alle anderen 7250 Uhren haben „nur“ einen COSC Gangschein. Die Schätzungen für das Peseux 260 belaufen sich auf 250 OB-Versionen jedoch auf unzählige Einlieferer verteilt. Darunter auch Observatoriumseinreichungen von Uhrmacherschulen. In einem erst kürzlich aufgetauchten internen ETA Dossier wird die produzierte Menge des Peseux 260 mit 3.302 Stück angegeben. Als Produktionszeitraum nennt das Dokument 1947 – 1970 und im Vergleich mit anderen Peseux Calibern ist das 260 nicht einmal selten. Das Caliber 335 aus dem Jahre 1956 wurde nur 1905-mal produziert. ( Dieses Caliber ist kein OB Caliber sondern ein normales Handaufzugswerk ).
Es erscheint fast so dass sich einmal kursierende Anekdoten, die meist wenig mit den wirklichen Fakten gemein haben, eher in den Köpfen der Sammler festsetzen als überprüfbare Tatsachen. Häufig werden Auktionsbeschreibungen als fundierte Belege gewertet und sind meist nicht anderes als „Cafehausgeschichten“. Das so manche Historie von „Privatgelehrten“ zurechtgebogen wird um bessere Verkaufserlöse zu erzielen ist ein bekanntes Phänomen, dass diese „Tatsachen“ dann jedoch Einzug in die Analen der Uhrenhistorie finden ist jedoch der eigentliche kriminelle Vorgang. Unzählige Publikationen der letzten Jahre enthalten dieses Halbwissen und werden dann noch von den Autoren mit Bildquellen gefälschter Uhren scheinbar belegt. Diese ständige Wiederholung angeblicher Hintergründe oder sachdienlichen Hinweise macht sie jedoch nicht zwangsläufig zu wahren Fakten. So findet man in Auktionsbeschreibungen die Angabe es gäbe 16 Stücke des Longines Caliber 360! Bei Recherchen zu meinem Artikel der demnächst in KU erscheinen wird fanden wir dann 169 Uhren mit gültigem Bulletin die "wahre Produktionszahl" wird noch darüber liegen. :-) Trotz alledem gemessen an anderen Caliberserien war die Anzahl dieser OB- Caliber dennoch extrem gering.

Da ich ebenso einen Artikel über OB- Caliber von GP vorbereite inetressiert mich natürlich nähers zu der Uhr. Eine kürzlich aufgetauchte Peseux 260 signiert GP im OB Ghäuse war für mich uninteressant das es sich um eine Mariage handelte mit zweifelhaften Hintergrund.

Vielleicht kannst Du mir auch mitteilen (auch via pn ) wer das Copyright von dem Bild hat.

Gruß erst einmal von hier :-)

Hauke Heffels
Hauke Heffels
Uhrmachermeister & Goldschmied

http://www.heffels.de
http://www.uhrensachverstaendiger.de
PeterCDE
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Beitrag von PeterCDE »

Hallo Hauke,

so ganz viel kann ich nicht beitragen:
Zum P260 kann ich nur sagen, daß es in Neuchatel 1961 geprüft wurde, zusammen mit einem weiteren Werk. Das abgebildete Werk sieht auch etwas anders aus als die paar Dutzend P260, die ich sonst kenne (etwa das Plättchen in der Ankerbrücke oder die Reglage).
Bei GP war dann wenig zu finden. Im Gegensatz zu allen anderen zugelieferten Werken, wobei GP zeitgleich die Handaufzüge (nicht-OB, natürlich) P300 und P310A als Basis für das bis 1962 produzierte "Gyromatic"-Kaliber GP21 verwendete, war zum P260 nix zu finden. Mag aber sein, daß sich irgendwo im Archiv mal etwas auftut.
Allerdings war klar, daß man vor der Serienfertigung der Schnellschwinger-Automaten auch andere Uhren in Neuchatel eingereicht hat, um Erfahrungen zu sammeln. Von den Uhrmachern, die damals an OB-Werken gebastelt haben, sind leider auch nur noch wenige da. Im Interview war aus der Erinnerung zu anderen OB-Einreichungen als den Schnellschwingern nicht mehr zu erfahren als "wir haben da auch mal was ausprobiert". Aber das ist ja auch 40 Jahre her.
Und da sich ansonsten keine Einträge finden, gehe ich davon aus, daß es entweder nur die zwei gibt oder jedenfalls nur eine kleine Zahl (möglicherweise gibt´s noch weitere, die kein Bulletin bekommen haben und deshalb nicht verzeichnet sind). Zum Verkauf war das Teil aber sicher nicht gedacht.

Als Armbanduhr ist es ziemlich sicher erst später eingeschalt worden; ich bin mir auch fast sicher, daß es so nicht richtig "passt".
Andererseits sieht´s so hübsch aus und mit Prüfblatt und Contours-Kästchen wäre es eher ein Deko-Objekt.

Die Bilder sind meine - ich übe noch :-)

Beste Grüße,

Peter
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