Hertie hat geschrieben: ↑21 Mai 2020, 18:09
(...) Dass Rolex nun den Nimbus hat, als hätten sie die Uhr erfunden, damit muss ich leben. (...)
gatewnrw hat geschrieben: ↑21 Mai 2020, 19:52
(...) und dazu noch Herties Rolex Kommentar, dann doch lieber O (zumal heute)
r.as. hat geschrieben: ↑22 Mai 2020, 10:55
Darf ich ergänzen, das 'Wasserschaden' bei Rolex 'Tropical dial' heisst?
ChronoCop hat geschrieben: ↑22 Mai 2020, 12:33
Und "Perle" der Leuchtmassenklecks in der Drehlunette?
Danke, Hertie, für deine umfangreiche Antwort auf meine Fragen!
Ich hatte ja hier schon öfter den Eindruck, als Römer in einem kleinen, gallischen Dorf gelandet zu sein, obwohl ich tatsächlich gar kein Römer bin. Markenbashing kenne ich zur Genüge aus dem Konsonantenforum. Womöglich sehe ich nur gerade die andere Seite derselben Medaille.
Marken, Uhren und deren Käufer in einen Sack zu stecken und draufzuhauen, mag sehr vergnüglich sein (es trifft bekanntlich immer den Richtigen), nur ist es etwas kurz gedacht. Und genau das war der Grund für mich, in dieses Forum zu wechseln: mein Eindruck nämlich, dass hier meist eine differenzierte und durch Sachkenntnis untermauerte Sicht auf die Dinge zu finden ist.
Im Einzelnen ...
#1
14.05.20:
Hertie hat geschrieben: ↑14 Mai 2020, 09:38
Die guten alten 70er Jahre.
https://forum.watchtime.ch/posting.php? ... &p=1042444
21.05.20:
Hertie hat geschrieben: ↑21 Mai 2020, 18:09
Und vom Gehäusebau her haben sie erst in den letzten Jahren aufgeholt. Zuvor war es eine Frechheit, was da unter "Qualität" verkauft wurde.Da waren sämtliche Mitbewerber meilenweit voraus. Zwischen Gehäuse und Bandanstößen konnten manchmal die Ameisen direkt durchlaufen ohne einen Umweg zu machen, Bänder, welche bereits nach kurzer Tragezeit das Rückgrat vermissen ließen und herumhängten, als würden sie mit Nina Burri der Schlangenfrau konkurrieren. Zifferblätter, welche zersprangen, Rotoren welche herumhüpften und dekaweise das Messing an den Platinen wegschabten......
https://forum.watchtime.ch/viewtopic.ph ... tart=78525
Zugegeben, zwischen beiden Posts von dir liegen 7 Tage, doch frage ich mich, welche Zeit du meinst, in der „es eine Frechheit“ war, „was da unter ‚Qualität‘ verkauft wurde“, in der „zwischen Gehäuse und Bandanstößen (...) manchmal die Ameisen direkt durchlaufen“ konnten, „ohne einen Umweg zu machen“, und in der „Bänder, welche bereits nach kurzer Tragezeit das Rückgrat vermissen ließen und herumhängten, als würden sie mit Nina Burri der Schlangenfrau konkurrieren“?
Waren das nicht auch und gerade die zuvor gelobten „guten alten 70er Jahre“?
(Nebenbei: mein Kompliment für die anschaulichen Beispiele!)
#2
Hertie hat geschrieben: ↑21 Mai 2020, 18:09
Dass Rolex nun den Nimbus hat, als hätten sie die Uhr erfunden, damit muss ich leben. Dass eine Marke zur unumstrittenen Nr.1 hochgepusht wird und Leute tiefgebeugt buckelnd, ihr Selbstbewusstsein völlig zurückdrängend bei den Konzis auf den Matten stehen und um Uhren betteln. Um Pretiosen welche zugegebenermaßen sehr gut konstruiert und wahrliche Traktoren sind, aber die meisten davon nix anderes können, als drei Zeiger halbwegs genau um die Kurve zu bewegen.
Im Herbst 2018 habe ich als Neukunde einen deutschen Patek-Konzessionär kontaktiert, von dem ich gehört hatte, er mache zuverlässige Aussagen über Liefermenge und -zeitraum. Das Objekt der Begierde war eine stählerne Nautilus 5712. Vorangegangen war ein Jahr vergeblicher Wartezeit bei zwei anderen Konzis, bei denen ich kein Neukunde war, und eine dreiste zwanzigprozentige Preiserhöhung des „Stern-Imperiums“ vom März 2018 für genau dieses Modell und das Schwestermodell mit der 11 am Ende.
Als nur fünf Monate später der Anruf kam, ich könne die Uhr abholen, konnte ich es kaum fassen, war restlos begeistert und beschloss, sie persönlich in Empfang zu nehmen und dies mit einer kleinen Städtetour zu verbinden. Bei der Abholung schließlich musste ich nicht knien (was Katholiken mitunter als befreiend empfinden), sondern durfte sitzen, sogar auf einem bequemen Stuhl, wurde mit Konzi-üblichen Spezereien bewirtet, ohne vorher darum gebettelt zu haben, auch mein Selbstbewusstsein durfte bleiben, wie es war – und in Anbetracht der äußerst attraktiven Verkäuferin hätte ich mich sogar zum Füßeküssen überreden lassen, ohne dies als demütigend zu empfinden.
#3
Hertie hat geschrieben: ↑21 Mai 2020, 18:09
Sorry, wenn ich da wieder mal zu sehr meinen Frust ablud. Ich weiß ja, dass es nichts bringt. Die Zeit ist nun eben so wie sie ist und ich habe meine gehabt und genossen.
(...)
Und mit den Hardcore-Typen meinte ich jene, welche bei einer verklebten Rolex nasse Augen bekommen und denen ein Stück "Tixo" am Boden der Uhr mehr Wert ist, als es die interessanteste Komplikation von Jaeger-LeCoultre je sein könnte. Und jene, welche sich die Anstöße einer "Toolwatch" unter der 10er Lupe anschauen und darüber fast eine wissenschaftliche Abhandlung schreiben, ob die Uhr schon mal poliert worden ist.
Das ist eben nicht mehr ganz meine Welt.
Nasse Augen bekam auch ich fast beim Lesen der zitierten Textpassage. Früher war alles besser, und vor früher war es noch besser. Die Welt dreht sich weiter, the show must go on, auch ohne mich, so what!
Ich kenne in „meiner Welt“ außer mir mehrere begeisterte Rolex-Träger. Kein einziger davon ist das, was ich mir unter einem „Hardcore-Typen“ vorstelle. Früher waren „Tempos“ Taschentücher und „Maggi“ war Suppenwürze. Und heute sind Rolex weltweit einfach Uhren: Uhren, die gehen, Uhren, die bleiben, robuste Uhren mit einem Gesicht, mit Tradition und Charakter – und Uhren, mit denen man zumindest mittelfristig kein Geld verbrennt.
Man mag es bedauern, dass es einem „Werkegiganten“ wie JLC nicht gelingen will, außer der Reverso einen Klassiker dauerhaft am Markt zu positionieren, aber es ist, wie es ist, und der Markt hat immer recht, wenn's um's Geld geht. Vielleicht sollte JLC nicht nur in hochwertige Werke investieren, sondern etwas mehr ins Design und in wenige klar umrissene Modellreihen mit hohem Wiedererkennungswert. Denn was der Bauer nicht kennt, das frisst er nunmal nicht!
Nasse Augen sind ein Zeichen der Rührung und der positiven Betroffenheit. Was daran soll schlimm sein, wenn sogar ein „Stück ‚Tixo‘ am Boden einer Uhr dazu in der Lage ist, solche Gefühle auszulösen?