Gehäuse selber polieren ?

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axel44
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Gehäuse selber polieren ?

Beitrag von axel44 »

Da mich in der letzten Zeit der Vintage Teufel ein wenig geritten hat, hier mal eine Frage.
Ich werde demnächst mal was Altes bekommen, und da wird wohl eine
Auspolierung von Kratzern im (Edelstahl) Gehäuse notwendig sein.
Kann man so eine Arbeit auch selbst durchführen, und wenn ja, welche
Arbeitsgeräte sind vonnöten?
Da ich auf diesem Gebiet gänzlich unbeleckt bin, hab ich im ersten Moment
an einen Dremel mit entsprechendem Polieraufsatz gedacht.
Oder kann sowas nur ein gelernter Uhrmacher mit dem entsprechendem
Werkzeug?
What Time is it ? It´s Boss Time !!!
Matthias Liebe
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Beitrag von Matthias Liebe »

Hallo Axel,

also wenn es sich um eine hochwertigere Uhr mit einer Gehäuseform handelt, die auch von Kanten und Konturen lebt- wie bei der Speedy, die du ja bestimmt im Sinn hast :wink: - würde ich das mit dem Dremel mal schön lassen.
Gehäuse aufarbeiten ist nicht so ganz einfach, zumindest nicht, wenn das Gehäuse nicht ein rundgelutschtes Seifenstück werden soll, wie die zahlreichen Exemplare, die auf Ebay als "restauriert" angeboten werden.

Man braucht dazu erlerntes Können, Erfahrung und spezielle Gerätschaften wie u.U eine Lapidiermaschine zum Polieren planer Flächen. Auch Schliffe des Gehäuses sind eine Wissenschaft für sich. Ich würde das lieber dem Uhrmacher überlassen, und auch unter denen gibt es viele, die das nicht anständig können.

Wenn es aber eine billigere Uhr ist, bei der es nicht drauf ankommt, kannst du es ja mal versuchen. Aber vorsicht: wat ab is, is ab...

Matthias
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Grantler
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Beitrag von Grantler »

Hi,

ich würde vor allem nicht gleich an einem Uhrengehäuse üben, sondern an diversen VA-Stücken, die du dir aus der Restekiste jedes Edelstahverarbeitenden Betriebes holen kannst.
Dremel und Bohrmaschine im Ständer, richtige Schleif-/Polierscheiben, geeignete Unterlagen/Klemmhilfen und schon kanns losgehen.
Grobe Dellen mit der Feile rausmachen, dann immer feiner werden bis zur Hochglanzpolitur. Danach satinieren uder strahlen.
Beim Arbeiten mit den Maschinen Handschuhe und Schutzbrille tragen! Immer! Unbedingt!


Andi

Edit: Schon mit feinem Schmirgelleinen auf einer Glasplatte kann man das Eine oder Andere machen. Billig und effektiv.
ulrich
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Beitrag von ulrich »

Hallo Axel,

Stahl ist sehr viel schwieriger zu polieren als Gold. Wenn eine exakte Kante oder eine Sicke erhalten werden soll, geht das nicht mit einem Dremel. Dazu braucht man schon einen Poliermotor, oder Polierscheiben (-bänder). Durch die Handführung des Dremelhandstücks werden immer Rundungen poliert.

Übrigens - das Geheimnis des Hochglanzes liegt in der Vorpolitur. Alle Polierschritte müssen aufeinander abgestimmt sein.

Also probier es am besten bei einem "Schrottgehäuse" mal aus, bevor es ernst wird.
Ich habe schon einige Werkstücke poliert, würde aber von meinen Uhrengehäusen die Finger lassen. :wink:

Viele Grüße
Ulrich
Niffko
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Beitrag von Niffko »

Hier zwei Links, die vielleicht weiterhelfen:

1. Cape Cod Cloth zum Kratzer-Entfernen bei poliertem Stahl:
http://www.watchlounge.com/wbb2/wl/thre ... threadid=6

2. Dremel-Attacke auf Breitling ;)
http://www.watchlounge.com/wbb2/wl/thre ... readid=401

Mit einigen Bildchen inkl. vorher/nachher
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bauks
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Beitrag von bauks »

Jede Autopolitur verschafft zunächst optische Besserung - nur nicht für lange Zeit. :wink:
Barfly
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Beitrag von Barfly »

Hi Axel,

ein Thema, was mich auch sehr interssiert, sodaß ich mich auch schon in der Vergangenheit darüber informiert hatte.

Ein Dremel ist auf jeden Fall erstmal eine Notlösung und eine fest installierte Poliermaschine eher zu empfehlen (so bewegt man das Werkstück und nicht das Werkzeug).

Passendes Zubehör findest Du z.B. hier:
http://www.zujeddeloh.de/artikel255.html
http://www.zujeddeloh.de/artikel254.html

Naja, ich habe auch mal mit meinem Dremel rumgespielt und der Edelstahl-Löffel sieht nun auch dementsprechend aus ... :x :D (also immer erst mit Testmaterial rumspielen!).

Vom obigen Breitling-Beispiel würde ich z.B. NICHT diese Standardfilsscheiben nehmen, sondern auf "Schwabbel" (siehe Shop) in unterschiedlichen Polierstufen zurückgreifen. Grobe und tiefe Kratzer führen m.M. sowieso zu einem ablutschen des Objektes. Also wenn, dann kann man als Laie eh nur kleinere Kratzer wegpolieren.

Nun, für glatte Flächen:
1. abkleben der mattierten Teile
2. vorpolieren mit einem groben Nesselschwabbel (mit der jeweiligen Polierpaste)
3. Eine Plüschmulle für die Hochglanzpolitur (rote Polierpaste)

Und für die satinierten Stellen braucht man dann auch noch eine Mattschlagbürste ...

Nettes Buch zu dem Thema:
Schleifen und Polieren der Edelmetalle
(1929) Friedrich Joseph
(habe es mal in der Bib angelesen, trotz des Alters recht informativ)



...
...

Naja, nach meiner "Löffelerfahrung" habe ich es dann doch erstmal wieder auf die lange Bank geschoben (in Ermangelung gescheiter billiger Testobjekte) und mir die Aufsätze für den Dremel noch nicht bestellt ... :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Wobei ich letztens eine dermassen stümperhaft abgelutschte Speedmaster bei einem Uhrmacher im Fenster gesehen habe, so schlecht bekommt man das auch selbst hin ...
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Thomas H. Ernst
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Beitrag von Thomas H. Ernst »

Mit einem Dremel (oder besser etwas Vergleichbares mit weniger Spiel am Bohrfutterlager) kann man schon Einiges ausrichten. Wichtig sind eigentlich zwei Erkenntnisse:

1. Ohne reichlich Übung nur an Altmetall murksen

Es wäre schade, wenn bei einer wertvollen Uhr der gescheiterte Versuch, einen Kratzer zu entfernen im Nachhinein hundertmal schlimmer aussieht als der Kratzer selbst. Viel zu schnell ist man abgerutscht und eine Kante rund.

2. Nicht glauben, dass man Hochglanz hinbekommt.

Man kann es nicht und lasst Euch keine Grizzlys aufbinden, keiner hat es je mit einem Dremel geschafft. Der Poliseur (der auch mattiert und satiniert) ist ein eigenes Berufsbild mit 4 Jahren Ausbildungszeit. Es braucht auch einen stattlichen Maschinenpark und jede nur erdenkliche Menge an Erfahrung. Jeder Poliseur kennt *seinen* Stahl und weiss genau mit welchen Scheibenhärten und Poliermittelkörnungen er in welcher Reihenfolge von der Vorpolitur bis hin zum finalen Abglänzen arbeiten muss. Hierbei kommen mindestens drei bis vier verschiedene Scheiben (aus Fallschirmseide) und Poliermittel zum Einsatz. Ein für den Erfolg entscheidendes Werkzeug, der rotierende Werkstückhalter, steht eh keinem Hobbydremler zur Verfügung.

Satinieren hingegen ist einfacher. Mit den handelsüblichen Schleifgummis in 120er oder 240er Körnung kann man leicht Kratzer entfernen, man muss allerdings peinlich genau auf eine gleichmässige Strichrichtung achten, sonst sieht es auch gleich wieder Sch....e aus.
Grüsse Thomas
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zaphod
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Beitrag von zaphod »

Grantler hat geschrieben: Beim Arbeiten mit den Maschinen Handschuhe und Schutzbrille tragen! Immer! Unbedingt!
AUF KEINEN FALL !!!
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jeannie
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Beitrag von jeannie »

Grantler hat geschrieben:Beim Arbeiten mit den Maschinen Handschuhe und Schutzbrille tragen! Immer! Unbedingt!
Bei laufenden Maschinen, Motorrädern, Motoren NIE, NIE, NIE Handschuhe, Schlabberpullis, Schals, Krawatten oder irgend ein Zipfelchen Stoff das abstehen kann tragen

Das mit der Krawatte gilt auch für Aktenvernichter. :(
http://www.watchtools.ch Uhrenwerkzeug, direkt aus der Schweiz.
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Crusader
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Beitrag von Crusader »

jeannie hat geschrieben:
Grantler hat geschrieben:Beim Arbeiten mit den Maschinen Handschuhe und Schutzbrille tragen! Immer! Unbedingt!
Bei laufenden Maschinen, Motorrädern, Motoren NIE, NIE, NIE Handschuhe, Schlabberpullis, Schals, Krawatten oder irgend ein Zipfelchen Stoff das abstehen kann tragen

Das mit der Krawatte gilt auch für Aktenvernichter. :(
... und auch keine durchgehenden Nylonarmbänder an den Uhren. :oops:
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Grantler
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Beitrag von Grantler »

zaphod hat geschrieben:
Grantler hat geschrieben: Beim Arbeiten mit den Maschinen Handschuhe und Schutzbrille tragen! Immer! Unbedingt!
AUF KEINEN FALL !!!
WARUM?

So, klein weiter ;-)
Ist schon eine Zeit her, dass ich UVV-Schulungen hatte, aber wenn ich in einer Hand was festhalte und in der anderen z.B. den Dremel mit einem Schneid-/Schleifaufsatz habe, ist ja wohl ein Handschuh die einzige Möglichkeit, die Hand mit dem Werkstück zu schützen.
Die Jungs bei dem Polierladen, wo ich meine Moppedteile hinbringe, stehen auch immer mit Handschuhen an den Maschinen.


Andi
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axel44
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Beitrag von axel44 »

Schönen Dank für die aufschlussreichen Antworten.
Nachdem ich das nun alles gelesen habe, komme ich zu der Erkenntnis:
selber besser Finger weg und den Fachmann aufsuchen.
What Time is it ? It´s Boss Time !!!
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jeannie
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Beitrag von jeannie »

Grantler hat geschrieben:WARUM?
Man könnte schon argumentieren, an einer Schwabbelscheibe kann nicht gross etwas einhängen.

Aber wenn etwas hängenbleibt dann geht das ganz schnell. Bildbeispiele sind auf ro**en.com zu sehen.

Selbst mit einem Dremel kann man sich zwar keine Finger abreissen, es tut "nur" weh. :wink:
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Thomas H. Ernst
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Beitrag von Thomas H. Ernst »

jeannie hat geschrieben:Bei laufenden Maschinen, Motorrädern, Motoren NIE, NIE, NIE Handschuhe, Schlabberpullis, Schals, Krawatten oder irgend ein Zipfelchen Stoff das abstehen kann tragen


... und wie bringe ich Inge bei, dass wir in Zukunft nur noch nackt Motorrad fahren? :?
Grüsse Thomas
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