Hallo Michael,
Mache ich was falsch Herr Doktor?
Nöö, eigentlich nicht. Die Tatsache, daß die Zielvorgaben für die 82XX-Werke andere sind, machen sie ja nicht schlecht oder sinnlos. Schon die Stückzahlen beweisen das Gegenteil.
Ich habe es vielleicht etwas drastisch ausgedrückt, weil ständig verbreitet wird, daß
ETA-Werke nix taugen, und nur das gut ist, wo nicht
ETA draufsteht. Die Dinger sind häufig, und dafür gibt es gute Gründe: Besseres ist für das Geld nicht zu haben, und man reibt sich nur die Augen, warum keiner die riesige Lücke bis zum Nobelwerk stopft.
Tatsache bleibt, daß die Unruhn vom winzigen
ETA 267X und vom ziemlich großen
Miyota 82XX hinsichtlich Gewicht und Trägheitsmoment etwa gleich sind. Und da muß man sich schon fragen, wo die etwa doppelte Energie des
Miyota-Federhauses bleibt, noch dazu wo die langsam schwingende Unruh wesentlich weniger Energie benötigt.
Man kann natürlich auch ein Werk gut regulieren, wenn die Reibungsverluste hoch sind. Aber Reibungsverluste ändern sich relativ schnell, und entsprechend schwieriger ist es, eine gute Regulierung langfristig zu erhalten.
Wäre Reibung kein Thema, hätten alle Uhren eine winzige Unruh und ein Mords-Federhaus - ist aber nicht so.
Die Großserien-Werke von Citizen-
Miyota verfolgen nun mal andere Ziele. Eines ist, auch dort Uhren zu verkaufen, wo es weder Batterien noch Uhrmacher gibt. Und in diesen Gegenden sind solche Uhrwerke erfolgreicher als die von Rolex - woran immer das liegt.
Ich habe durchaus Citizen-Werke gesehen, die es mit
ETA-Werken aufnehmen können. So kommt z.B. ein 1800 mit großer schwerer Unruh und jeder Menge Decksteinen daher und ein 7611 hat zudem noch ein hervorragendes Finish. Aber immer wenn man sowas einmal sieht, hat man zuvor 100 Exemplare der 82XX-Reihe gesehen. Das sind nun mal die Volks-Trecker, die ticken müssen - lange, aber egal wie schnell oder langsam.
Die 82XX-Reihe mag auch die geringfügig neuere Konstruktion sein; die modernere ist sie allenfalls in dem Sinne, daß sie sich billiger fertigen läßt. Die Komponenten sind nun mal einfacher, wenn man die Teile eines kleinen Damen-Uhrwerks im doppelten Volumen eines Herrenuhrwerks unterbringt. Technischen Fortschritt interpretiere ich aber anders, zumal die komplexeren Formen raumoptimerter Werke für Fertigungsautomaten kaum mehr eine Rolle spielen.
Gruß, Roland Ranfft