Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

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secretagentman
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Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von secretagentman »

Hallo liebe Forumskollegen,

bei der hiesigen Kälte hatte sich unter dem Glas einer Casio G-Shock doch tatsächlich Kondensation gebildet. Allerdings herrschten auch Temperaturen von -10°C und die Uhr lag zu einem guten Teil unbedeckt vom Ärmel. Zu Hause habe ich sofort einen Eissplitter aufs Glas gelegt und konnte wieder Kondensation feststellen. Natürlich habe ich das mit einer anderen G-Shock verglichen und bei dieser zeigte sich ebenfalls Kondensation, jedoch im geringeren Ausmaß.
Beide Uhren waren aber in der letzten Zeit beim Schwimmen und Duschen, und so nahm ich erstmal an, dass beide dicht seien.

Bisher nahm ich immer an, dass Kondensation ein Zeichen für eine undichte Uhr ist. Kann es auch sein, dass in den Uhren eine gewisse Feuchtigkeit enthalten ist, weil diese bei normaler (feuchter Raumluft in Asien?) verschlossen werden.

Mit anderen Worten, ich frage mich natürlich, ob ich jetzt bei beiden Uhren die Dichtungen erneuern lassen soll, oder ob es sich quasi um ein normales Phänomen handelt. Zumal ich anmerken darf, dass beide Uhren nicht sonderlich alt sind (< 1 Jahr).

Viele Grüße und ein schönes Wochenende,
Jens.
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Ralf
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Ralf »

Selbst die dichteste Armbanduhr ist nicht absolut gasdicht. Die Luftfeuchtigkeit innen und aussen gleicht sich langfristig immer aus, kann man gar nicht anders machen. Mehr dazu (und noch mehr anderes zum Thema i.a.) steht in der FAQ: Dichtigkeit – Wohl nicht ganz dicht?.
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Ralf
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jeannie
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von jeannie »

Luft enthält immer Wasser. Die Frage ist wieviel. Mit so einer Kondensationsprüfung wie du sie durchgeführt hast wird sozusagen jede Uhr Tropfen zeigen.

Am wichtigsten ist dass die Tropfen wieder von der Luft aufgenommen werden und nicht auf Teile fallen.

Zu trocken ist auch schlecht, ruiniert jede Dichtung. Bei den eingemotteten Schlachtschiffen der US Navy wird Luft mit 55% Luftfeuchtigkeit eingeblasen, weniger ist technisch auch nicht gut.
http://www.watchtools.ch Uhrenwerkzeug, direkt aus der Schweiz.
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Ralf
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Ralf »

jeannie hat geschrieben:...
Zu trocken ist auch schlecht, ruiniert jede Dichtung. Bei den eingemotteten Schlachtschiffen der US Navy wird Luft mit 55% Luftfeuchtigkeit eingeblasen, weniger ist technisch auch nicht gut.
55% bei welcher Temperatur?

Unter http://www.battleshipiowa.org/takecare.htm steht:
... As air can contain water, it is necessary to control humidity within a ship to keep water away from steel. The "dew point" is the point at which the water vapor condenses out of the air. This phenomena also happens inside a vessel when air temperature is lowered by the hull structure being cooled by surrounding cold water. This "sweating" causes rust to form on the exposed steel surfaces of structure and machinery. A dehumidifier controls this phenomena by cooling the air that passes through it and collecting the water that condenses out and second, it warms up the air so that it is above the dew point. IOWA has a number of dehumidifiers and the vessel is hermetically sealed to keep dehumidified, dry air inside. This dry, warm air is continuously circulated around machinery and equipment to prevent rust. ...
Da sind nie und nimmer 55% H2O bei RT. Die Suisun Bay ist Teil der Grossen Bucht, an der auch San Francisco, da fällt die Wassertemperatur auf bis zu 8°C. Insofern wäre 55% bei 8°C sinnvoll, das sind dann 25% bei RT 21°C. Das wiederum deckt sich mit http://www.encyclopedia-titanica.org/cg ... POST204735. Also ziemlich trockene Luft!
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Ralf
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jeannie
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von jeannie »

Ralf hat geschrieben:Da sind nie und nimmer 55% H2O bei RT. Die Suisun Bay ist Teil der Grossen Bucht, an der auch San Francisco, da fällt die Wassertemperatur auf bis zu 8°C. Insofern wäre 55% bei 8°C sinnvoll, das sind dann 25% bei RT 21°C. Das wiederum deckt sich mit http://www.encyclopedia-titanica.org/cg ... POST204735. Also ziemlich trockene Luft!
Ich hab die Bilder und Seiten nicht mehr gefunden. Darum musste ich etwas aus Nähkästchen plaudern. Die Luft wird relativ trocken in die Geschützrohre geblasen und bis sie hinten wieder rauskommt ist sie entsprechend feuchter. Zu trocken würde Gummi und Holz in Mitleidenschaft ziehen.
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secretagentman
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von secretagentman »

Ich wollte mich noch kurz für die zügigen Antworten bedanken! Danke nochmal an Ralf für den guten Artikel zum Thema Dichtigkeit, den hatte ich leider nicht mehr gefunden.

Gruß, Jens.
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mhanke
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von mhanke »

jeannie hat geschrieben: Bei den eingemotteten Schlachtschiffen der US Navy wird Luft mit 55% Luftfeuchtigkeit eingeblasen, weniger ist technisch auch nicht gut.
Ja, die Amis sind da sehr penibel. Es werden ständig Messungen durchgeführt, um sicherzugehen, dass die Luftfeuchtigkeit nicht zu niedrig ist, hier am Schlachtschiff "Arizona":

Bild

Marcus
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Kristian
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Kristian »

Ralf hat geschrieben:Selbst die dichteste Armbanduhr ist nicht absolut gasdicht. Die Luftfeuchtigkeit innen und aussen gleicht sich langfristig immer aus, kann man gar nicht anders machen.
Ist hier die Sinn AR-Trockenhaltetechnik von Vorteil ?
Dabei soll die Feuchtigkeit von den Trockenhaltekapseln aufgenommen und gebunden werden.
Gruß, Jörg
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Ralf
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Ralf »

Kristian hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Selbst die dichteste Armbanduhr ist nicht absolut gasdicht. Die Luftfeuchtigkeit innen und aussen gleicht sich langfristig immer aus, kann man gar nicht anders machen.
Ist hier die Sinn AR-Trockenhaltetechnik von Vorteil ?
Dabei soll die Feuchtigkeit von den Trockenhaltekapseln aufgenommen und gebunden werden.
Die Frage ist eher, ob sich der Mehraufwand durch die Trockentechnik rentiert.

Dagegen:
  • Die Wasseraufnahmefahigkeit der Kapsel ist begrenzt.
  • Durch die Entfeuchtung innen entsteht eine höhere Dampfdruckdifferenz, die um so mehr Feuchtigkeit nach innen befördert.
  • Uhren funktionieren seit einem halben Jahrhundert auch ohne diese Technik.
Dafür:
  • Der Taupunkt ist bei einer regelmässig gewechselten Kapsel niedriger, es kommt seltener zu einer Kondenswasserbildung
Mein persönliches Fazit: sie schadet nicht, und der Mehrpreis hält mich nicht davon, Uhren, die sie haben, zu kaufen. Wenn die Uhr sie aber nicht hat: auch gut.
Man liest sich!

Ralf
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Crusader
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Crusader »

Ralf hat geschrieben:Uhren funktionieren seit einem halben Jahrhundert auch ohne diese Technik.
Und das eine oder andere Exemplar sogar auch schon vor 1960. :whistling:
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Tictacitus
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Tictacitus »

Jens, wenn Du ganz sicher gehen willst, lass die Uhr beim Juwelier auf Dichtigkeit pruefen. Bei einem Jahr und ner G-Shock sollte es da keine Probleme geben.

Till
Der tickt wohl nicht richtig!? Muss nur mal nachreguliert werden.

Avatar thanks to hypophyse! :)
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Sedi
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Sedi »

Ich hab bisher fast jede G-Shock zum Beschlagen gekriegt (Fahrradfahren im Winter). Solange es nur ein kleiner Fleck am Glas ist, macht's nichts. Immerhin werden der Großteil dieser Teile in Thailand zusammengebastelt. Da ist wohl die Luftfeuchtigkeit ein wenig höher als hier. Das einzige Modell, das nie beschlagen ist, war bei mir die GW-9200 (und zwar beide Modelle, die ich hatte). Kann aber purer Zufall gewesen sein.

Gruß, Sedi :-)
Das muß die Uhr abkönnen!
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Uhrenmaniac
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von Uhrenmaniac »

Seid Ihr sicher, dass Feuchtigkeit in der Uhr quasi "normal" ist?
Ich besitze diverse Uhren sowohl aus den 60er, 80er, 90er des vergangenen Jahrhunderts als auch aus den letzten 10 Jahren.
Darunter Automatikwerke von Citizen (3 ATM), Seiko (3ATM), Certina (10ATM) als auch Quarzer von Casio (2x ProTrek) und Certina (Taucher, 20ATM). Aber bei KEINER hat sich jemals Kondenswasser in der Uhr gezeigt. Meine letzte Certina (DS Prince Automatik, 10ATM, 2826-2) nenne ich seit 1 Woche mein Eigen. Diese habe ich zwecks Fotoshooting (leider fehlt mir die Praxis vernünftige Photos zu produzieren) direkt vom Arm in den Schnee gelegt. Anschließend wieder am Arm: Definitiv keine Kondensation sichtbar. Ist das Zufall? Oder liegt es evtl. doch daran, dass die Uhren über eine entsprechende Dichtigketi verfügen?
Ich bitte darum, nicht sofort in der Luft zerrissen zu werden aber ich bin bezgl. techn./ physikal. Details bei Uhren ein absoluter Newbie.
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Grüße Michael
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SINNlich
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von SINNlich »

Der Taupunkt ist das Maß der Dinge. "Der Taupunkt von Wasser im formalen Sinne ist der Kondensationspunkt reinen Wassers und damit ein Wertepaar aus Druck und Temperatur" (Wikipedia). Insfern musst Du nur ein wenig mit der Temperatur experimentieren - und Wasser kondensiert in der Uhr.

Ich halte die ganze Trockenhaltetechnik für einen geschickten Schachzug, den Kunden für den Service an den Hersteller zu binden. Mir wäre es den Mehrpreis nicht wert, da er nicht wesentlich werterhaltend ist. Ganz zu schweigen von dem Argongas-Brimborium.....

Grüße

Axel
Nichts Schöneres unter der Sonne, als unter der Sonne zu sein. (Ingeborg Bachmann)
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jeannie
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Re: Wieviel Feuchtigkeit darf in einer Uhr sein?

Beitrag von jeannie »

Uhrenmaniac hat geschrieben:Ist das Zufall?
Nein. Wie lange hast du die Uhren in der Kälte gelassen?
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