Neusilber (und hallo ans Watchtime-Forum)

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RCL
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Neusilber (und hallo ans Watchtime-Forum)

Beitrag von RCL »

Hallo Watchtime-Forum,

das Watchbizz-Forum scheint ja hier hin umgezogen zu sein oder zumindest den Hauptwohnsitz verlegt zu haben. Toll, das Thomas eine Alternative geschaffen hat, danke dafür!

Hat eine Weile gedauert, aber hier nun mein erster Beitrag in Form einer Frage (die ich auch im WBF-Forum gestellt habe):

Lange fertigt Platinen und Brücken ja aus "naturbelassenen" Neusilber und nicht aus Messing, das dann rhodiniert oder vergoldet wird.

Das Neusilber verändert im Laufe der Zeit ein wenig seine Farbe. Da das sehr gleichmäßig geschieht und ich den Farbton schön finde, stört mich das nicht weiter. Ist wohl ein Oxidationsprozess und lässt sich bei einer Revision in den Originalzustand zurück versetzen.

Mich würde Folgendes interessieren:

Hat schon jeman eine entsprechende Service-Erfahrung? Erhalten die Platinen wirklich die urprüngliche Farbe zurück und wie wird das gemacht? Sind die Teile irgendwie versiegelt, damit sie nicht ungleichmäßig anlaufen? Welche Vor- und Nachteile hat das Neusilber gegenüber Messing? Ist es in Herstellung und Verarbeitung eher teurer oder billiger als Messing?

Mal sehen, wo ich zuerst eine Antwort bekomme.

Grüße

René
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Speedmaster1957
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Beitrag von Speedmaster1957 »

Hallo René,

:) eine Antwort bekommst Du von mir nicht, aber dafür ein Willkommen :lol: :wink:
Gruß
Frank

....der nicht nur Speedy´s sammelt
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andreaseck
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Beitrag von andreaseck »

Hallo René

Bei diesen technischen Dingen kann ich Dir leider auch
keine Antwort geben.
Ich schliese mich aber Frank an, und gegrüße Dich
hier auch recht herzlich :D

Gruß
Andreas
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indiana
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Beitrag von indiana »

Ich bin der Dritte der dir nicht helfen kann, aber
ein herzliches Hallo wollte ich schon los werden! :wink:
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jeannie
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Re: Neusilber (und hallo ans Watchtime-Forum)

Beitrag von jeannie »

Hallo René

Das einzige was ich dir dazu sagen kann ist dass Neusilber gerne für Schienen bei der Modelleisenbahn benutzt wird.

Ob das wohl was zu Sagen hat. :wink:
http://www.watchtools.ch Uhrenwerkzeug, direkt aus der Schweiz.
RCL
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Beitrag von RCL »

Danke für Euer Willkommen, in jedem Fall steht es bei den Antworten 4:0 für Watchtime!

Und ich habe gelernt, dass ich aus ausgedienten Langes evtl. noch Ersatzteile für meine alte Märklin-Bahn basteln kann. Für die kurze Zeit schon eine beachtliche Ausbeute! :wink:

Vielleicht hat ja noch jemand weitere sachdienliche Hinweise?

Grüße

René
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Albert H. Potter
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Beitrag von Albert H. Potter »

Nickelplatinen werden schon blank, wenn wenn man die entsprechende Reinigung vornimmt. Es gibt in vielen Reinigungsflüssigkeiten Zusätze mit entoxidierender Wirkung. Auch angelaufenes Messing wird hier wieder blank.

Der berüchtigte Herr Großmann hat sich in seinem viel beachteten Werk „Abhandlung über die Konstruktion einer einfachen, aber mechanisch vollkommenen Uhr“ auch zum Thema Werkgestell geäußert. Hinsichtlich der Materialien für Platinen, Brücken und Kloben erwähnt er auch Neusilber. Ich gebe mal den kompletten Zusammenhang wieder:
"
19.Das Material, aus welchem das Gestell gemacht werden soll, ist auch einiger Betrachtungen werth. Ein gewisser Grad von Elastizität und Härte ist für den Zweck erforderlich, ausserdem sollte das Material der Bewegung der Zapfen den geringsten Reibungswiderstand entgegensetzen und die grösste Dauerhaftigkeit gegen die Abnutzung, welche aus der Reibung hervorgeht, Bewähren.
20.Aus diesem letzteren Grunde kann Stahl hier nicht in Betracht kommen. Ueberdies könnte man denselben nicht hinreichend gegen Beschädigung durch Rost schützen, und auch der Magnetismus möchte in bedenklicher Weise den Gang einer solchen Uhr gefährden. Jedoch will ich hier bemerken, dass ich Gelegenheit hatte, vor Jahren eine gute Uhr zu beobachten, welche von dem , als tüchtigen Uhrmacher bekannten Zachariä sen. in Leipzig gemacht worden war, ehe man noch bequem und zu billigen Preisen sich Steinlöcher verschaffen konnte. Deshalb hatte er für alle Zapfen, selbst die der Hemmung nicht ausgenommen, Stahlfutter in die Platte eingeschraubt, und diese Stahllöcher, welche gut gehärtet und polirt waren, zeigten nach mehr als 50 Jahren ihres Dienstes keine Abnutzung und das Öl hielt sich bemerkenswerth gut in denselben.
21.Messing entspricht vollkommen allen Anforderungen, welche an das Material eines guten Uhrengestelles gemacht werden können, wenn dasselbe durch hinreichendes Hämmern oder Walzen zu seiner grössten Härte und Dichtigkeit gebracht worden ist. Wenn möglich, ist das Hämmern dem Walzen vorzuziehen, weil dieser letztere Vorgang das Metall streckt, eine Wirkung, die nicht beabsichtigt ist und durch die gleichzeitig die Beschaffenheit des Materials durchaus nicht verbessert wird. Kleine Walzen , d. h. solche von geringem Durchmesser, strecken das Material weit mehr als grössere, und ich habe eine ziemlich langwierige Reihe von Versuchen durchgemacht, um den bestem Weg zu finden, auf dem man die möglichst grösste Dichtigkeit des Messings erlangt. Ich hatte zu diesem Zwecke einen kleinen Schwanzhammer von ungefähr 3Pfd. Gewicht konstruirt, welcher 5-6 Schläge in der Sekunde ausübte und vollständig parallel mit dem Ambos einzustellen war. Ich fand, dass ein Streifen Messing, mit diesem Hammer bearbeitet, nicht die geringste Zunahme in Breite und Länge Zeigte, ein Beweis, dass die beträchtliche Summe mechanischer Arbeit, welche darazf verwendet wurde, ausschließlich in der gewünschten und nützlichen Richtung verbraucht worden war. Durch Vergleichung fand ich einen Streifen, der durch dieses senkrechte Hämmern von 1 m. Dicke auf 0,9 m. zurückgeführt worden war, an Elastizität einem Streifen gleich, welcher von 3 m. Stärke durch Walzen auf dieselbe Dickegebracht war. Dieser letztere war bis auf 2 ½ mal seiner früheren Länge ausgestreckt.
Hier ergibt sich unzweifelhaft, dass die Arbeit, welche man mittels einer Walze ausführt, zum grössten Theile darauf verwendet wird, das Metall in die Länge zu strecken, und nur ein kleiner Bruchtheil derselben dem wirklichen Zwecke dient. Dieses Strecken ist eine Quelle von grosser Schädigung für die Zuverlässigkeit des Metalles, nicht blos dadurch, dass es Sprünge an den Kanten der Streifenhervorbringt, sondern auch, weil es die kleinsten Fehler (Blasen oder Gusslöcher) in dem Metalle zur doppelten oder dreifachen Ausdehnung, während die senkrechte Zusammendrückung dieselben nur verbessern wird. Ich konnte meine Versuche nicht im grösseren Maasstabe fortsetzen, weil dieser kleine Schwanzhammer das höchste Maass von dem war, was ein Mann mit einem Fussrade leisten konnte, und ich hatte keine Maschinenkraft zur Verfügung. Aber das erhaltene Ergebnis führte mich zu der Ueberzeugung, dass die gewöhnlich verwendete Methode, um die nötige Dichtigkeit und Federhärte des Messings herbeizuführen, ganz falsch ist. Ich würde vorziehen, die rohen Brücken und anderen Theile mit der Stanzenpresse aus dem gewöhnlichen, hartgewalzten Messingblech, wie man es in jedem Laden kauft, auszustanzen und für die Zusammendrückung durch senkrechte Schläge ungefähr 10 Prozent dicker zu lassen. Dann wäre jeder Theil auf einem flachen Ambos zu legen und den mächtigen Schlägen eines Fallblockes zu unterwerfen, welcher genau parallel mit der Fläche des Amboses abgerichtet sein müsste. Eine solche Methode würde noch einen anderen Vortheil haben, nämlich den, die beiden Seiten des ausgestanzten Stückes vollständig glatt und flach zu machen, so dass es nicht so viel Bearbeitung erfordern würde., als wenn es in der gewöhnlichen Weise hergestellt wird.
Für die Fabrikation im grossen Maasstabe würde es allerdings noch mehr zu empfehlen sein, sich einer Presse von der Art, wie man sie zum Prägen grosser Münzen verwendet, zu bedienen. Wenn man die Vollkommenheit betrachtet, mit welcher Münzen und Medaillen geprägt werden, dürfte es wol keine Schwierigkeiten haben, eine Unterplatte mit ihrer Ausdrehung und dem Ansatze für das Gehäuse so vollendet herzustellen, dass es auch nicht einmal des Schleifens bedürfte.
22.Die Platten der englischen Uhren sind in der Regel sehr weich, was von der üblen Praxis der Vergolder herrührt, die Gegenstände einem bedeutenden Grad von Hitze auszusetzen, ich weiss nicht, aus welchem Grunde; im Gegentheile halte ich es für vollständig zweifellos, dass eine sehr gute Vergoldung ohne alle und jede Erhitzung erzielt werden kann. Ihre Oberplatten sind obendrein gewöhnlich zu dünn und mit den eingeschraubten Steinfuttern, bei denen die Schraubenköpfe auch noch in der Platte eingesenkt sind, geben sie dem Reparateur viel Mühe, wegen der geringen Metallstärke, welche in diesem weichen Metalle für die Schrauben übrig bleibt.
23.Seit einer Reihe von Jahren ist eine zunehmende Nachfrage nach den sogenannten Nickelwerken gewesen. Diese sind von Neusilber gemacht und die unrichtige Bezeichnung kommt von dem Nickelmetalle, einem der Hauptbestandtheile der Legierung her. Es unterliegt keinem Zweifel, dass Neusilber ein ausgezeichnetes Metall für Uhrmacherarbeit ist, durch seine Federkraft und Härte, über welche der Leser weitere Einzelheiten in den vergleichenden Versuchen finden wird, welche ich in meiner Preisschrift über den freien Ankergang Kap. 14 veröffentlicht habe. Ein schön geschliffenes und polirtes Neusilberwerk macht sicher auf das Auge einen angenehmen Eindruck, und seine Oberfläche widersteht sehr gut allen atmosphärischen Einflüssen, während Messing durch Vergoldung geschützt sein muss. Jedoch wenn man solche Werke in sorgloser Weise mit schweissigen Fingern berührt, so bilden sich hässliche schwarze Flecke und es ist in dieser Beziehung weniger widerstandsfähig als vergoldetes Messing.
In allen anderen Punkten bietet Neusilber keinen Vortheil vor Messing, und man muss sagen, dass es für die Augen derjenigen, welche mit der Vollendung dieser glänzend geschliffenen Werke beschäftigt sind, schädlich ist. Jedenfalls kommt Messing, wenn es gut bearbeitet ist demNeusilber in physikalischen Eigenschaften so nahe gleich, dass die Nachfrage für dieses letztere als Material zu Uhrwerken mehr als eine Geschmacksache betrachtet werden dürfte.
Es muss hier auch noch erwähnt werden, dass Neusilber bis zu einem gewissen Grade empfänglichfür den Magnetismus ist, was nicht eben zu Gunsten seiner Verwendung für Uhrwerke spricht.
Ferner scheint es sich durch die Erfahrung herausgestellt zu haben, dass im Neusilber die Gewinde der Schrauben weniger gut halten, wenn sie nicht beim Repariren etwas mit Fett oder Oel versehen werden. Deshalb findet man auch in den guten Neusilberwerken meist gröbere Schraubengewinde (tiefer mit stärkerer Steigung). Auch sind in vielen dieser Uhren die Federhaushaken und sogar die Federhausdeckel von Messing, woraus man schliessen darf, dass an diesen Punkten unvortheilhafte Erfahrungen mit Neusilber gemacht worden sind."
RCL
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Beitrag von RCL »

Danke für das ausführliche Zitat, das ist schon mal sehr aufschlussreich.

Grüße

René
ulrich
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Beitrag von ulrich »

Hallo René,

auch von mir ein herzliches "willkommen". Ich hatte Dich schon vermisst.

Zu den Kosten der Herstellung von Neusilber kann ich Dir natürlich nichts sagen. Zum Service kann ich nur vermuten:

Lange remontiert die Uhrwerke nach einer ersten Montage. Erst danach werden die Teile definitiv zusammengebaut und erhalten die letzte Finissierung. Vor diesem Zusammenbau müssen die Neusilberteile bestimmt nochmals gereinigt und sorgfältig entfettet werden. Das dürfte aber mit geeigneten Reinigungsflüssigkeiten kein großes Problem darstellen.
Ich glaube nicht, dass die Neusilberteile lackiert werden.

Übrigens habe ich auch schon in einer Portugieser angelaufene Platinen gesehen...

Da bei einer Revision ebenfalls das Werk zerlegt und gereinigt wird, kommen wahrscheinlich die gleichen Reinigungsverfahren wie bei der Remontage zum Einsatz. Somit müssten die Platinen wieder im ursprünglichen Farbton erstrahlen.

Wie gesagt, alles Spekulation 8)

Viele Grüße
Ulrich
RCL
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Beitrag von RCL »

Hallo Ulrich,

schön, dass Du mich vermisst hast! :wink:

Habe im Moment einfach zu viel um die Ohren und kann mich kaum dem Hobby widmen. Aber ich arbeite daran und kann hoffentlich bald wieder mehr Präsenz zeigen.

Die angelaufenen Platinen hattest du aber hoffentlich nicht in Deiner Handaufzugs-Portugieser?

Grüße

René
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Thomas H. Ernst
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Beitrag von Thomas H. Ernst »

Da das vielleicht nicht so klar herausgekommen ist:

Neusilber ist eine Legierung aus 47-65 % Kupfer, 12-25 % Nickel und 10-40 % Zink.
Grüsse Thomas
Euer Board-Admin
ulrich
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Beitrag von ulrich »

RCL hat geschrieben:Die angelaufenen Platinen hattest du aber hoffentlich nicht in Deiner Handaufzugs-Portugieser?

Grüße

René
Hallo René,

nein, hatte ich nicht. Meine ist (natürlich) perfekt :wink: :D

Das war bei einer Uhr, die ich angeschaut hatte, bevor ich mein kaufte.
Eine der Brücken war deutlich dunkler. Auf meine Frage, wie das zustande komme, wie häufig so etwas wäre und ob sich das problemlos beheben ließe bekam ich im IWC-Forum keine Antwort.

Viele Grüße
Ulrich
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Thomas H. Ernst
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Beitrag von Thomas H. Ernst »

ulrich hat geschrieben:Auf meine Frage, wie das zustande komme, wie häufig so etwas wäre und ob sich das problemlos beheben ließe bekam ich im IWC-Forum keine Antwort.
Hast Du denn eine erwartet? :mrgreen:
Grüsse Thomas
Euer Board-Admin
ulrich
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Beitrag von ulrich »

Thomas H. Ernst hat geschrieben:
ulrich hat geschrieben:Auf meine Frage, wie das zustande komme, wie häufig so etwas wäre und ob sich das problemlos beheben ließe bekam ich im IWC-Forum keine Antwort.
Hast Du denn eine erwartet? :mrgreen:
eigentlich schon, damals zumindest. :roll:

Grüße
Ulrich
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Hauke Heffels
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Beitrag von Hauke Heffels »

Peter hat im Grunde alles relevante erwähnt.

Wie bereits Großmann festhält reagiert die Neusilberoberfläche äusserst empfindlich auf direkte Hautkontakte. Platinen die derartige "Verunreinigungen" aufweisen sind äusserst schwierig wieder davon zu reinigen. Manche Stellen kommen nach Monaten wieder zum Vorschein :-(

Neusilber wurde früher von Manufakturen auch deshalb verwendet da man im Galvanischen Bereich Probleme hatte. Der Grund warum also Goldgangräder oder Federhäuser aus Neusilber zur Anwendung kam war der, man musste die Oberflächen nicht mehr vor Oxidation galvanisch schützen. Man findet häufig bei alten Uhren das sich galvanisch aufgetragene Vergoldungen lösen.
Z.B. wurden die Chronometro Gondolo von Patek Philippe deshalb mit Goldrädern und Neusilberplatinen ausgeliefert ( eine spezielle Anforderung der Firma aus Rio) um für klimatischen Bedingungen besser gerüstet zu sein.

Ein Grund warum Neusilberwerke teurer sind als MS Werke liegt aber auch in der Fertigung begründet. Oberflächen bei Messingwerke können mit wesentlich weniger Aufwand bei der Fertigung vorbereitet werden da mindestens 2 Galvanische Überzüge die gröbsten Spuren "überdecken". Wer einmal Rohwerke vor der Galvanischen Bearbeitung gesehen hat wird erstaunt sein wie "grob" da die Oberflächen zum Teil sind. Einige Hersteller bringen die Schliffe oder Perlisagen auf den Nickel oder Rhodium auf. Aslo nicht erst dekorieren und dann galvaniseren sondern umgekehrt. Früher wurde eine "Anreibeversilberung" auf das Messing als Isloation und Haftschicht auf das MS aufgetragen, diese war sehr grob und körnig es entsteht der Eindruck die Platinen seien gesandstrahlt danach wurde diese vergoldet. Neusilberplatinen müssen perfekte Oberflächen bei der Herstellung erhalten, da die Dekorationen nur noch minimale Spuren überdecken können. Grobe Schnitzer kann man damit nicht mehr kaschieren. Somit muß einem Neusilberwerk viel gewissenhafter hergestellt werden was die Kosten in die Höhe treibt ...... :-)

Neusilber hat natürlich bei bestimmten Bauteilen gegenüber Messing den Vorteil das man delikate und kleine Teile in einem wesentlich härterem und zäherem Material fertigen kann, somit stabiler als in Messing. Man kann also die aufwendige Stahlarbeit umgehen und in Neusilber relativ leicht zum Ziel kommen.

Ein Aspekt der immer wieder auftaucht bei heutigen Werkstoffen ist der das bei alten Neusilberlegierungen die in der Uhrenindustrie zur Anwedung kamen Blei enthalten war für die bessere Zerspannung. Heutige Legierungen haben diese Zusätze meist nicht mehr. Grösster Absatzmarkt ist übrigens für Neusilber die Blasinstrumentenindustrie :-) Kein Witz sondern Aussage eines Herstellers. Es gibt also Kollgen die behaupten die Flecken auf alten Werken kommen vom Blei ( was in moderen Armbanduhren sicher nicht enthalten ist) und somit selbst mit Reinigungen nicht zu entfernen, andere behaupten das alte Neusilber sei besser gewesen da es nicht so spröde sei. Patek z.B. verwendet kein "neues" Neusilber sind freut sich über alte Lagerbestände.

Eines sollte nur am Rande erwähnt werden:
Heutige Gehäuse sind viel dichter als frühere Taschnuhrgehäuse. Was auf der einen Seite ein Segen ist auf der anderen Seite ein Nachteil. Dämpfe oder chemische Reaktionen die aufgrund der Schmierstoffe innerhalb des Gehäuses ablaufen setzen natürlich auch den Platinen zu.

Eigentlich ist Neusilber heute in moderenen Werken nur noch ein Spezial aber technsich nicht wirklich motwendig.

Schön sind sie aber trotzdem :-)

Hauke Heffels
Hauke Heffels
Uhrmachermeister & Goldschmied

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