Swatch Group erschrecken
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Swatch Group erschrecken
Moin Kinnings,
meine Vermutung, daß Chinesen die Ersatzteilpolitik der Swatch Group als Steilvorlage betrachten, hat eine zunächst noch bescheidene Bestätigung bekommen.
Ich habe kürzlich ein AP-Fake zwecks Service an meinen Uhrmacher weitergereicht und ihm mal über die Schulter fotografiert. In der Uhr steckt die 7750-Kopie der Shanghai Watch Factory. Die einhellige nicht näher begründete Internet-Meinung ist, daß das die bessere (und ähnlichere) der beiden bekannten Kopien ist. Nun, die schlechtere kann ich zur Zeit nicht beurteilen, aber die mir vorliegende ist nicht von schlechten Eltern.
Die Uhr wurde getragen, bis sie mausetot war, und dennoch war das Werk nach dem Service (ohne Ersatzteilbedarf) wieder wie neu: Gleichmäßiger Gang, maximale Abweichung zwischen beliebigen Lagen 3s/Tag. Besser kann das ein durchschnittliches Original auch nicht.
Am Finish gibt es auch nicht viel zu meckern. Die china-typisch groben Genfer Streifen ziehen zwar keinen Hering vom Teller, aber mit der Standard-Mattierung des Originals können sie allemal mithalten:
Die Verarbeitung ist ordentlich: Kanten sauber entgratet, keine groben Frässpuren. Nur die Räder-Oberflächen sind verbesserungswürdig - macht aber nix, weil man die ja nicht sieht.
Aber nun der Hammer: Eine exakte 1:1-Kopie ist es nicht und bei den deutlichsten Unterschieden muß man zugestehen: Es sind Verbesserungen gegenüber dem Original! Beispielsweise sorgt ein aufwendigerer Datum-Mitnehmer für plötzliche statt kriechender Änderung des Datums.
Und das Schmakerl: Das schnöde Umkerrad mit verschleißfreudigen Hakenankern wurde durch einen Rollenfreilauf mit 5 Rubin-Rollen ersetzt - halt so wie man es von besseren Girard-Perregaux kennt.
Getrübt wird das Gesamtbild beim untersuchten Exemplar nur durch ein Modul, mit dem die Positionen von kleiner Sekunde und Minutenzähler vertauscht werden, damit sie im Fake da sitzen, wo sie bei der originalen Royal Oak sitzen. Das Ding ist ein grausiges Stümperwerk, denn der ursprüngliche Sekundenzapfen muß statt eines winzigen Zeigers 5 schwere und teilweise schlechtestmöglich gelagerte Räder drehen - Beschreibung hier:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db. ... ghai_3LZF2
Allerdings spricht es für das Basiswerk, daß es diese "Bremsanlage" klaglos bewegt.
Alles in allem, wenn mich jemand vor die Wahl stellt, Original oder Kopie, und die Preisdifferenz in bar zum Verprassen, müßte ich nicht lange überlegen. Und ich bin gespannt, wann ein seriöser Hersteller die Faxen mit ETA dicke hat, und mutig genug ist, so ein Werk einzusetzen.
Gruß, Roland Ranfft
meine Vermutung, daß Chinesen die Ersatzteilpolitik der Swatch Group als Steilvorlage betrachten, hat eine zunächst noch bescheidene Bestätigung bekommen.
Ich habe kürzlich ein AP-Fake zwecks Service an meinen Uhrmacher weitergereicht und ihm mal über die Schulter fotografiert. In der Uhr steckt die 7750-Kopie der Shanghai Watch Factory. Die einhellige nicht näher begründete Internet-Meinung ist, daß das die bessere (und ähnlichere) der beiden bekannten Kopien ist. Nun, die schlechtere kann ich zur Zeit nicht beurteilen, aber die mir vorliegende ist nicht von schlechten Eltern.
Die Uhr wurde getragen, bis sie mausetot war, und dennoch war das Werk nach dem Service (ohne Ersatzteilbedarf) wieder wie neu: Gleichmäßiger Gang, maximale Abweichung zwischen beliebigen Lagen 3s/Tag. Besser kann das ein durchschnittliches Original auch nicht.
Am Finish gibt es auch nicht viel zu meckern. Die china-typisch groben Genfer Streifen ziehen zwar keinen Hering vom Teller, aber mit der Standard-Mattierung des Originals können sie allemal mithalten:
Die Verarbeitung ist ordentlich: Kanten sauber entgratet, keine groben Frässpuren. Nur die Räder-Oberflächen sind verbesserungswürdig - macht aber nix, weil man die ja nicht sieht.
Aber nun der Hammer: Eine exakte 1:1-Kopie ist es nicht und bei den deutlichsten Unterschieden muß man zugestehen: Es sind Verbesserungen gegenüber dem Original! Beispielsweise sorgt ein aufwendigerer Datum-Mitnehmer für plötzliche statt kriechender Änderung des Datums.
Und das Schmakerl: Das schnöde Umkerrad mit verschleißfreudigen Hakenankern wurde durch einen Rollenfreilauf mit 5 Rubin-Rollen ersetzt - halt so wie man es von besseren Girard-Perregaux kennt.
Getrübt wird das Gesamtbild beim untersuchten Exemplar nur durch ein Modul, mit dem die Positionen von kleiner Sekunde und Minutenzähler vertauscht werden, damit sie im Fake da sitzen, wo sie bei der originalen Royal Oak sitzen. Das Ding ist ein grausiges Stümperwerk, denn der ursprüngliche Sekundenzapfen muß statt eines winzigen Zeigers 5 schwere und teilweise schlechtestmöglich gelagerte Räder drehen - Beschreibung hier:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db. ... ghai_3LZF2
Allerdings spricht es für das Basiswerk, daß es diese "Bremsanlage" klaglos bewegt.
Alles in allem, wenn mich jemand vor die Wahl stellt, Original oder Kopie, und die Preisdifferenz in bar zum Verprassen, müßte ich nicht lange überlegen. Und ich bin gespannt, wann ein seriöser Hersteller die Faxen mit ETA dicke hat, und mutig genug ist, so ein Werk einzusetzen.
Gruß, Roland Ranfft
Das größte Uhrwerk-Archiv im Internet:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db. ... fft&&2uswk
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db. ... fft&&2uswk
Re: Swatch Group erschrecken
Ich habe nichts auszusetzen, die Chinesen können schon was auf die Beine stellen.
Qualitativ halte ich dennoch nach wie vor wenig von den Werken. Sie sind in der
Regel verschmutzt und verdreckt wie man es nur von alten Uhren kennt. Spiele
usw. sind gerne maximal eingestellt und darüber hinaus. Messinganker, weich wie
Butter. Vernietungen die ihren Dienst einstellen. Verzahnungen die auch gern mal
übermäßig die Biege machen.
Wenn man den Chinesen etwas mehr zahlen würde für die Fertigung, dann würden
die bestimmt bei der Qualität der eingesetzten Materialien was reißen. Am Finish
Verbesserungen vorzunehmen würde ihnen gewiss auch nicht zu schwer fallen (sagt
sich ggf. aber alles leichter als es wirklich ist).
Vor die Wahl gestellt ob China oder Eta würde ich noch immer ohne Zögern das
Eta nehmen. Ein derartiges Modul für die Umleitung der Anzeige müsste es
meines wissen auch von La Joux-Perret (?) geben.
Was mir schon mehrfach zu Ohren kam ist, dass manch Träger einer Chinakopie
sich nach Exitus des Innenlebens ein schweizer Werk hat einbauen lassen (wäre
hier aufgrund des Moduls nicht so einfach). Die Qualität der Verarbeitung ist
schon so, dass das teurere Qualitätsprodukt deutlich besser ist.
Qualitativ halte ich dennoch nach wie vor wenig von den Werken. Sie sind in der
Regel verschmutzt und verdreckt wie man es nur von alten Uhren kennt. Spiele
usw. sind gerne maximal eingestellt und darüber hinaus. Messinganker, weich wie
Butter. Vernietungen die ihren Dienst einstellen. Verzahnungen die auch gern mal
übermäßig die Biege machen.
Wenn man den Chinesen etwas mehr zahlen würde für die Fertigung, dann würden
die bestimmt bei der Qualität der eingesetzten Materialien was reißen. Am Finish
Verbesserungen vorzunehmen würde ihnen gewiss auch nicht zu schwer fallen (sagt
sich ggf. aber alles leichter als es wirklich ist).
Vor die Wahl gestellt ob China oder Eta würde ich noch immer ohne Zögern das
Eta nehmen. Ein derartiges Modul für die Umleitung der Anzeige müsste es
meines wissen auch von La Joux-Perret (?) geben.
Was mir schon mehrfach zu Ohren kam ist, dass manch Träger einer Chinakopie
sich nach Exitus des Innenlebens ein schweizer Werk hat einbauen lassen (wäre
hier aufgrund des Moduls nicht so einfach). Die Qualität der Verarbeitung ist
schon so, dass das teurere Qualitätsprodukt deutlich besser ist.
Gruß Bernd
Re: Swatch Group erschrecken
Das Ding ist halt, das die Swatch Group es den Nachahmern nun wirklich leicht macht bzw. sogar Marktteilnehmer dazu zwingt sich mit den Nachahmungen zu begnuegen.
Wenn ich in China zu einem Freien Uhrmacher geh und eine Uhr, egal welcher Schweizer Nobelmarke, geserviced haben will, dann machen die das. Wie kann das sein, wenn nicht durch Beschaffung von Ersatzteilen auf einem anscheinend vorhandenen Graumarkt oder eben in dem Originalteile durch Fakes ersetzt werden? Nachdem es in China absolut nicht ueblich ist ein Geschaeft an jemanden anderen weiterzuleiten.. also nicht zu machen... nur weil mann z.B. irgendwelche Teile die man benoetigt auf regulaerem Wege nicht bekommen wuerde.. ist das quasi vorprogrammiert. Den Satzt: "sorry, aber fuer diese Rolex/IWC?Omega/usw. koennen wir keinen Service anbieten weil wir keine Teile bekommen.." wird man hier beim Freien sicherlich nicht hoeren.
Das wissen sicherlich auch die Nachahmer.
Mfg
Wenn ich in China zu einem Freien Uhrmacher geh und eine Uhr, egal welcher Schweizer Nobelmarke, geserviced haben will, dann machen die das. Wie kann das sein, wenn nicht durch Beschaffung von Ersatzteilen auf einem anscheinend vorhandenen Graumarkt oder eben in dem Originalteile durch Fakes ersetzt werden? Nachdem es in China absolut nicht ueblich ist ein Geschaeft an jemanden anderen weiterzuleiten.. also nicht zu machen... nur weil mann z.B. irgendwelche Teile die man benoetigt auf regulaerem Wege nicht bekommen wuerde.. ist das quasi vorprogrammiert. Den Satzt: "sorry, aber fuer diese Rolex/IWC?Omega/usw. koennen wir keinen Service anbieten weil wir keine Teile bekommen.." wird man hier beim Freien sicherlich nicht hoeren.
Das wissen sicherlich auch die Nachahmer.
Mfg
“What’s equally remarkable is that … chose to go with a no-date configuration..." (Roger Ruegger)
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Re: Swatch Group erschrecken
Erst mal Danke für die info RR
Ich bin mir nicht sicher ob der Kunde eines eidgenössischen Produktes bei der Serviceproblematik auf das chinesische Pendant zurückgreifen würde.
Aber schon allemal beeindruckend wenn man sieht was im Osten so abgeht.
Ich denke sie (China) werden auf lange Sicht es schwer haben wenn sie weiterhin die Fakes unterstützen und ausstatten, könnte mir aber gut vorstellen dass ein chinesisches Produkt mit einer gewissen Eigenständigkeit schon den Markt durcheinander bringen könnte, glaube aber gleichzeitig dass es die japanischen Mitbewerber dann erst mal gewaltiger treffen würde als die Schweizer.
Oder sie machen es a la apple, Ein gutes zeitgenössisches Design und chinesische Feinmechanik 'Designed in London/Paris/Mailand made in CHN'
Ich bin mir nicht sicher ob der Kunde eines eidgenössischen Produktes bei der Serviceproblematik auf das chinesische Pendant zurückgreifen würde.
Aber schon allemal beeindruckend wenn man sieht was im Osten so abgeht.
Ich denke sie (China) werden auf lange Sicht es schwer haben wenn sie weiterhin die Fakes unterstützen und ausstatten, könnte mir aber gut vorstellen dass ein chinesisches Produkt mit einer gewissen Eigenständigkeit schon den Markt durcheinander bringen könnte, glaube aber gleichzeitig dass es die japanischen Mitbewerber dann erst mal gewaltiger treffen würde als die Schweizer.
Oder sie machen es a la apple, Ein gutes zeitgenössisches Design und chinesische Feinmechanik 'Designed in London/Paris/Mailand made in CHN'
Tickende Grüße, Jan!
- hermann
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- Tätigkeit: Uhrmachermeister
Re: Swatch Group erschrecken
Oha, das lässt Hoffen!Roland Ranfft hat geschrieben: ↑23 Mär 2017, 23:23 Moin Kinnings,
Aber nun der Hammer: Eine exakte 1:1-Kopie ist es nicht und bei den deutlichsten Unterschieden muß man zugestehen: Es sind Verbesserungen gegenüber dem Original! Beispielsweise sorgt ein aufwendigerer Datum-Mitnehmer für plötzliche statt kriechender Änderung des Datums.
Und das Schmakerl: Das schnöde Umkerrad mit verschleißfreudigen Hakenankern wurde durch einen Rollenfreilauf mit 5 Rubin-Rollen ersetzt - halt so wie man es von besseren Girard-Perregaux kennt.
Gruß, Roland Ranfft
Gruß hermann
Der Mensch hasst das Böse mehr als er das Gute liebt.
Re: Swatch Group erschrecken
Naja, da muessen nur mal mehrere Uhrmacher aus der Not heraus und weil es bei ihnen evtl. irgendwann auch ums ueberleben geht, anfangen sich mit den Nachbauten von Ersatzteilen zu beschaeftigen. Und alleine schon weil man keine andere Wahl mehr hat werden diese dann dem Kunden als gleichwertig und dazu noch deutlich kostenguenstiger empfohlen. Und ernsthaft, einige einfachere Ersatzteile die aus den selben Maschinen fallen werden hoechstwahrscheinlich sogar gut genug sein.archimagirus hat geschrieben: ↑24 Mär 2017, 09:36 Ich bin mir nicht sicher ob der Kunde eines eidgenössischen Produktes bei der Serviceproblematik auf das chinesische Pendant zurückgreifen würde.
In China wie gesagt bin ich mir sicher das man u.a. nachgemachte Ersatzteile untergejubelt bekommt. Ausserdem wird sich da mit Sicherheit ein Graumarkt entwickelt haben und Uhrmacher wissen ganz genau wie sie an Teile rankommen. Das ist in anderen Bereichen auch nicht anders.
Mfg
“What’s equally remarkable is that … chose to go with a no-date configuration..." (Roger Ruegger)
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Re: Swatch Group erschrecken
Bei allem nötigen Respekt, aber ich glaube dieses Forum hat damit einen Tiefpunkt und ein verdientes Ende gefunden. RIP!
beste Grüße und lebt wohl
Richard
beste Grüße und lebt wohl
Richard
"Ich würd' es wieder tun!" Udo Jürgens
- kochsmichel
- Beiträge: 27158
- Registriert: 15 Feb 2006, 11:08
Re: Swatch Group erschrecken
Was meint Richard nun?
@RR: Danke für den Einblick.
Es gab im watchuseek auch schon mal einen Vergleich eines anderen Werks von ETA ggü. dem chinesischen Clone. Interessanterweise ebenfalls mit Verbesserungen und in ordentlicher Qualität.
Da nicht überall noch irgendwelche Patente greifen, könnte das durchaus eine alternative Ersatzteilquelle werden.
Man muss auch nicht immer von Clone sprechen... Es wurden auch ganze Maschinen aus CH an die Chinesen verkauft (Seagull ST19 vs. Venus 175).
Und ich schätze es ehrlich gesagt mehr, dass der freie Uhrmacher seiner Arbeit nachgehen kann. Das Ersatzteil dafür muss nicht aus CH kommen... Solange keine Rechte verletzt werden, darf der Markt ruhig spielen.
@RR: Danke für den Einblick.
Es gab im watchuseek auch schon mal einen Vergleich eines anderen Werks von ETA ggü. dem chinesischen Clone. Interessanterweise ebenfalls mit Verbesserungen und in ordentlicher Qualität.
Da nicht überall noch irgendwelche Patente greifen, könnte das durchaus eine alternative Ersatzteilquelle werden.
Man muss auch nicht immer von Clone sprechen... Es wurden auch ganze Maschinen aus CH an die Chinesen verkauft (Seagull ST19 vs. Venus 175).
Und ich schätze es ehrlich gesagt mehr, dass der freie Uhrmacher seiner Arbeit nachgehen kann. Das Ersatzteil dafür muss nicht aus CH kommen... Solange keine Rechte verletzt werden, darf der Markt ruhig spielen.
Online
Es heisst "Das Bessere ist des Guten Tod" und nicht "Das Schweizerische ist des Chinesischen Tod"
Re: Swatch Group erschrecken
Tschüsstourbillon69 hat geschrieben: ↑27 Mär 2017, 11:33 Bei allem nötigen Respekt, aber ich glaube dieses Forum hat damit einen Tiefpunkt und ein verdientes Ende gefunden. RIP!
beste Grüße und lebt wohl
Richard
Es heisst "Das Bessere ist des Guten Tod" und nicht "Das Schweizerische ist des Chinesischen Tod"
http://www.watchtools.ch Uhrenwerkzeug, direkt aus der Schweiz.