Gewinde des Gehäusebodens beschädigt, Abhilfe?

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haspe1
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Gewinde des Gehäusebodens beschädigt, Abhilfe?

Beitrag von haspe1 »

Hallo Kollegen,

bei einer meiner Uhren, leider bei einer sehr besonderen, nämlich der zivilen Version der IWC Mark XI (Ref. 2612) ist das Gewinde am Boden beschädigt, was zur Folge hat, dass sich der Boden nur mit sehr viel Kraftaufwendung herunter/hinaufschrauben lässt. Ich weiss nicht genau, ob die Beschädigung am Gehäuse oder am Boden oder bei beiden vorliegt, da sie nun verschraubt ist und ich sie mit meinem Werkzeug nicht aufschrauben kann/will.

Nun meine Frage: Gäbe es theoretisch die Möglichkeit, am Gehäuse und/oder Boden das Gewinde so nachzuarbeiten, dass es sich wieder leichter zuverlässig schrauben lässt? Wahrscheinlich hängt das davon ab, wie schlimm es beschädigt ist, aber vielleicht hat da jemand Erfahrungen von Euch. Einen neuen Boden oder gar ein neues Gehäuse (speziell in dem sehr guten Zustand, in dem es ist) zu bekommen ist für diese Uhr ja quasi unmöglich.

Hannes
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Albert H. Potter
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Re: Gewinde des Gehäusebodens beschädigt, Abhilfe?

Beitrag von Albert H. Potter »

Hallo Hannes,
auf die schnelle und ohne Bilder des Gewindes ist es schwer zu sagen, wo das Problem deines Gehäuses liegt.

Beispiele:
-Ich kenne bei alten Uhrengehäusen Fälle, bei denen Korrosion das Problem des Gewindes ist.
-Er besteht die Möglichkeit, daß das Gehäuse nicht mehr rund ist, sondern zum Beispiel durch einen Sturz oder durch das Einhämmern eines neuen Kronen-Tubus gestaucht (ovalisiert) wurde.
-Ein schief aufgedrehter Boden kann ebenfalls eine Ursache sein.
-Insbesondere bei Goldgehäusen kommt es häufig vor, daß beim Schließen des Bodens mit zuviel Druck auch das Gehäuse geschraubt wurde.

Alle diese Beispiele haben ein charakteristisches Schadensbild.
Alle diese Schäden sind, wenn sich ausreichend deutlich ausgeprägt sind, ein echtes Problem. Es geht ja nicht nur um das Problem des geschmeidigen Schraubens, sondern auch um die Frage der Dichtheit des Gehäuses.
Bei den extrem feinen Gewinden (großer Durchmesser mit geringer Gewindesteigung) der Gehäuseböden kann man nicht mit dem Gewindeschneidsatz mal eben etwas nachschneiden oder aufrichten. Diese Gewinde werden bei der Herstellung aus der Drehmaschine mit einem Gewindedrehmeißel gedreht oder mit einem Sonderwerkzeug geschnitten.
Solchen Drehmaschinen gehören nicht mehr zur gängigen Uhrmacherausstattung, sondern finden sich bei Gehäusebauern/Restauratoren.
Generell ist heute nichts mehr unmöglich. Selbst fehlendes Material kann wieder aufgelasert werden.
Allerdings ist der Aufwand meistens unverhältnismäßig hoch.

Möglicherweise kann Dir jemand weiterhelfen, der zB Glasböden für bekannte Uhrenmodelle zum Wechseln anbietet.

Geschraubte Grüße
Peter
haspe1
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Re: Gewinde des Gehäusebodens beschädigt, Abhilfe?

Beitrag von haspe1 »

Danke sehr für Deine ausführlichen und fachkundigen Infos, Peter!

Um Korrosion handelt es sich in meinem Fall sicher nicht, die Uhr ist, obwohl Baujahr mitte 70, so gut wie neuwertig und quasi unbenutzt. Ich vermute, jemand hat den Deckel beim Verschrauben schief aufgesetzt und so das Gewinde beschädigt. Ich werde mal bei einem profunden Uhrmacher nachfragen, ob er einen Fachmann kennt, der etwas verbessern kann.

Herzliche Grüsse,
Hannes
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