ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
- retroman
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ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Mal wieder was aus der Werkstatt:
Ich bekam eine ältere Chronoswiss Uhr zur Reparatur. Noch aus der Zeit, als GRL mit Kelek zusammen gearbeitet hat. Mit aufgesetztem Kalendermodul für Datum, Wochentag und Monat.
Fehlerbeschreibung: die Uhr läuft nicht mehr richtig und das Datum schaltet nicht.
Aha, wie alt ist die Uhr?
Och. Mindestens 25 oder 30 Jahre.
Und? Schon mal einen Service gemacht?
Nein, lief ja immer.
Vielleicht mal runtergefallen?
Neiiiin!!!
Bestimmt nicht?
Na ja, neulich mal im Badezimmer. Auf die Fliesen.
Aha, dann wollen wir mal sehen……….. Ich dachte erst, das Zifferblatt hat sich verschoben und die Zeigerachsen streifen. Aber die Achsen stehen mittig in den Löchern.
Also erst mal das Zifferblatt runter und schauen. Sofort sah ich, dass das Schaltrad nicht ins Stundenrad des Werkes eingriff. Der Lagerstift war abgebrochen. Na Mahlzeit……
Da gehört er eigentlich hin.
Aber erst mal das Uhrwerk. ETA 2892-2, also noch ohne „A“ ist Routine. Natürlich mit der gebotenen Vorsicht. Laut Ranfft hergestellt zwischen 1983 und 2000. Der Besitzer hatte aber noch nie Probleme mit dem Aufzug. Und scheinbar bin auch nicht der erste, der daran arbeitet. Wie die Kratzer zeigen.
Aber der Kalender. Der soll ja auch wieder funktionieren. Ein Ersatzteil bekomme ich bestimmt nicht, also neu machen. Dazu erst mal den Fuß auspressen und ausmessen. Für solche Skizzen bevorzuge ich ja aufgerissenen Briefumschläge.
Ein Stück Stahl in die Drehbank einspannen und erst den Zapfen drehen.
Messen ist das Eine, passen ist das Andere. Zur Sicherheit mal das Rad draufstecken. Passt und läuft.
Dann den Fuß andrehen, aber etwas länger lassen.
Dann absägen und den Fuß auf das passende Maß drehen. Da ist er. Puh, den kann man auch mal versehentlich einatmen.
Und wenn alles richtig ist, kann ich den neuen Stift in die Grundplatte einpressen.
Alles richtig gemacht. Tschacka ! Jetzt wird das Rad eingesetzt und noch die Feder zur Höhenbegrenzung aufgeschraubt. Dann wird der Aufsatz auf das Werk gesetzt. Die ETA- Zifferblattfüße dienen als Befestigung. Das Zifferblatt wird in zwei Buchsen am Modul befestigt.
Aber was zum Teufel ist das für ein Teil, das da noch in der „Petrischale“ liegt?
Da musste ich meine Fotos zu Rate ziehen. Aha, das liegt noch auf dem Schaltrad, wahrscheinlich um die Spannung der Feder zu erhöhen.
Die eigentliche Schaltung funktioniert folgendermaßen: der Exenter drückt eine gefederte Wippe in den Stern für das Datum und den Wochentag und schaltet beide gleichzeitig eine Rastung weiter. Über einen Korrekturdrücker kann die Wippe manuell betätigt werden.
Dann das Zifferblatt montieren und die Zeiger setzen. Das Stundenrad ist verlängert und schaut vorne aus dem Zifferblatt. Minutenrad und Sekundenrad sind aber normal lang. Die Zeiger für Minute und Stunde haben daher extralange Futter.
Zum Schluss die Zeiger für die Kalenderanzeige. Aber Achtung: die Anzeige für den Monat wird über ein Zwischenrad vom Datumsrad angetrieben. Vom 31. auf den 1. des Monats. Hier muss der Datumszeiger genau richtig gesetzt werden. Sonst schaltet der Monat irgendwann mal. Der Zeiger für den WoTag scheint auch nicht mehr original zu sein. Da war bestimmt schon mal ein Kollege dran.
Jetzt kann das Werk eingebaut werden. Die angerostete Aufzugwelle und die Krone werden noch getauscht. Vorher aber den Kalender noch richtig einstellen, spart die Drückerei von außen. Und den Federsteg ersetze ich auch mal lieber.
Fertig.
Auf dem Umlaufgerät kann die Uhr jetzt noch (in guter Gesellschaft) ein paar Tage laufen, bevor ich den Besitzer anrufe, dass seine Uhr abholbereit ist.
Ich bekam eine ältere Chronoswiss Uhr zur Reparatur. Noch aus der Zeit, als GRL mit Kelek zusammen gearbeitet hat. Mit aufgesetztem Kalendermodul für Datum, Wochentag und Monat.
Fehlerbeschreibung: die Uhr läuft nicht mehr richtig und das Datum schaltet nicht.
Aha, wie alt ist die Uhr?
Och. Mindestens 25 oder 30 Jahre.
Und? Schon mal einen Service gemacht?
Nein, lief ja immer.
Vielleicht mal runtergefallen?
Neiiiin!!!
Bestimmt nicht?
Na ja, neulich mal im Badezimmer. Auf die Fliesen.
Aha, dann wollen wir mal sehen……….. Ich dachte erst, das Zifferblatt hat sich verschoben und die Zeigerachsen streifen. Aber die Achsen stehen mittig in den Löchern.
Also erst mal das Zifferblatt runter und schauen. Sofort sah ich, dass das Schaltrad nicht ins Stundenrad des Werkes eingriff. Der Lagerstift war abgebrochen. Na Mahlzeit……
Da gehört er eigentlich hin.
Aber erst mal das Uhrwerk. ETA 2892-2, also noch ohne „A“ ist Routine. Natürlich mit der gebotenen Vorsicht. Laut Ranfft hergestellt zwischen 1983 und 2000. Der Besitzer hatte aber noch nie Probleme mit dem Aufzug. Und scheinbar bin auch nicht der erste, der daran arbeitet. Wie die Kratzer zeigen.
Aber der Kalender. Der soll ja auch wieder funktionieren. Ein Ersatzteil bekomme ich bestimmt nicht, also neu machen. Dazu erst mal den Fuß auspressen und ausmessen. Für solche Skizzen bevorzuge ich ja aufgerissenen Briefumschläge.
Ein Stück Stahl in die Drehbank einspannen und erst den Zapfen drehen.
Messen ist das Eine, passen ist das Andere. Zur Sicherheit mal das Rad draufstecken. Passt und läuft.
Dann den Fuß andrehen, aber etwas länger lassen.
Dann absägen und den Fuß auf das passende Maß drehen. Da ist er. Puh, den kann man auch mal versehentlich einatmen.
Und wenn alles richtig ist, kann ich den neuen Stift in die Grundplatte einpressen.
Alles richtig gemacht. Tschacka ! Jetzt wird das Rad eingesetzt und noch die Feder zur Höhenbegrenzung aufgeschraubt. Dann wird der Aufsatz auf das Werk gesetzt. Die ETA- Zifferblattfüße dienen als Befestigung. Das Zifferblatt wird in zwei Buchsen am Modul befestigt.
Aber was zum Teufel ist das für ein Teil, das da noch in der „Petrischale“ liegt?
Da musste ich meine Fotos zu Rate ziehen. Aha, das liegt noch auf dem Schaltrad, wahrscheinlich um die Spannung der Feder zu erhöhen.
Die eigentliche Schaltung funktioniert folgendermaßen: der Exenter drückt eine gefederte Wippe in den Stern für das Datum und den Wochentag und schaltet beide gleichzeitig eine Rastung weiter. Über einen Korrekturdrücker kann die Wippe manuell betätigt werden.
Dann das Zifferblatt montieren und die Zeiger setzen. Das Stundenrad ist verlängert und schaut vorne aus dem Zifferblatt. Minutenrad und Sekundenrad sind aber normal lang. Die Zeiger für Minute und Stunde haben daher extralange Futter.
Zum Schluss die Zeiger für die Kalenderanzeige. Aber Achtung: die Anzeige für den Monat wird über ein Zwischenrad vom Datumsrad angetrieben. Vom 31. auf den 1. des Monats. Hier muss der Datumszeiger genau richtig gesetzt werden. Sonst schaltet der Monat irgendwann mal. Der Zeiger für den WoTag scheint auch nicht mehr original zu sein. Da war bestimmt schon mal ein Kollege dran.
Jetzt kann das Werk eingebaut werden. Die angerostete Aufzugwelle und die Krone werden noch getauscht. Vorher aber den Kalender noch richtig einstellen, spart die Drückerei von außen. Und den Federsteg ersetze ich auch mal lieber.
Fertig.
Auf dem Umlaufgerät kann die Uhr jetzt noch (in guter Gesellschaft) ein paar Tage laufen, bevor ich den Besitzer anrufe, dass seine Uhr abholbereit ist.
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Lieber Rainer,
Deine Reparaturberichte sind wirklich das Salz in der Suppe.
Vielen Dank dafür
Walter
P.S. Das mit der Fotodoku bei der Demontage find ich besonders gut
Deine Reparaturberichte sind wirklich das Salz in der Suppe.
Vielen Dank dafür
Walter
P.S. Das mit der Fotodoku bei der Demontage find ich besonders gut
Mein Indischer Schachmeister sagte: Am Ende kommen Bauer und König in die selbe Kiste
- Albert H. Potter
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Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Schöne Story. Da war nie was dran, außer Wasser, Fliesenboden....
1981 sahen Meisterbriefe noch schön aus. Wenn ich meinen oder den meines Meisters sehe, dann geht es damit stetig abwärts. Bei uns in der Firma hatten wir noch einen alten Glashütter Meisterbrief aus den 1930ern. Alleine die Namen darauf sind heute unbezahlbar.
1981 sahen Meisterbriefe noch schön aus. Wenn ich meinen oder den meines Meisters sehe, dann geht es damit stetig abwärts. Bei uns in der Firma hatten wir noch einen alten Glashütter Meisterbrief aus den 1930ern. Alleine die Namen darauf sind heute unbezahlbar.
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Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Klasse.
Danke für den tottel Bericht !!!
Danke für den tottel Bericht !!!
Viele Grüße
--Michael--
Wer nur Jux machen will, den kann man nicht ernst nehmen.
--Michael--
Wer nur Jux machen will, den kann man nicht ernst nehmen.
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Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Schliesse mich hier an den Dank an.
Allein das Dokumentieren und die 'Nacharbeit' , wirklich Chapeau
Hoffentlich dienen solche Berichte auch dazu das Bewusstsein schärfen was solche Arbeiten wirklich wert sind!
Allein das Dokumentieren und die 'Nacharbeit' , wirklich Chapeau
Hoffentlich dienen solche Berichte auch dazu das Bewusstsein schärfen was solche Arbeiten wirklich wert sind!
Tickende Grüße, Jan!
- MCG
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Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Hallo
Super Bericht, danke!
Wie ich es übrigens hasse wenn Jemand es nicht schafft die Schrauben ohne Kratzer einzudrehen. Bei den ETA Calibern sieht man das leider immer wieder.
Welchen Stahl hast du verwendet?
Gruß hermann
Super Bericht, danke!
Wie ich es übrigens hasse wenn Jemand es nicht schafft die Schrauben ohne Kratzer einzudrehen. Bei den ETA Calibern sieht man das leider immer wieder.
Welchen Stahl hast du verwendet?
Gruß hermann
Der Mensch hasst das Böse mehr als er das Gute liebt.
- Heinz-Jürgen
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- Wohnort: Ruhrgebeat
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Vielen Dank! Was für Fritten die Trüffel, sind solche Berichte für den Technikbereich!
Grüße aus dem Pott
Heinz-Jürgen
🎼 All you need is laugh
Heinz-Jürgen
🎼 All you need is laugh
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
+1archimagirus hat geschrieben: ↑17 Nov 2017, 16:07 Schliesse mich hier an den Dank an.
Allein das Dokumentieren und die 'Nacharbeit' , wirklich Chapeau
Hoffentlich dienen solche Berichte auch dazu das Bewusstsein schärfen was solche Arbeiten wirklich wert sind!
http://www.watchtools.ch Uhrenwerkzeug, direkt aus der Schweiz.
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Danke Rainer!
100 % Zustimmung.archimagirus hat geschrieben: ↑17 Nov 2017, 16:07 Hoffentlich dienen solche Berichte auch dazu das Bewusstsein schärfen was solche Arbeiten wirklich wert sind!
H-P
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Danke für den schön geschriebenen und fotografisch dokumentierten Bericht!
LG Peter
LG Peter
yi lu ping an 20200216
mingtian mingtian ni de wei xiao
jiang shi bian ya chun hua
mingtian mingtian ni de wei xiao
jiang shi bian ya chun hua
- cool runnings
- Beiträge: 21919
- Registriert: 16 Feb 2006, 09:01
- Wohnort: Baden
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Toller Bericht. Danke fürs Zeigen!
Viele Grüße Dean
Man darf in einer Demokratie zu allem eine Meinung haben - man muss aber nicht.
Dieter Nuhr
Man darf in einer Demokratie zu allem eine Meinung haben - man muss aber nicht.
Dieter Nuhr
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
...auch von mir herzlichen Dank!
super beschrieben, fotografiert, locker geplaudert usw.
Stellt sich abschließend noch die -auch für mich spannende- Frage wer und warum schon an der Uhr geschraubt hat, und ohne das der Besitzer etwas davon weiß?
der Franz
super beschrieben, fotografiert, locker geplaudert usw.
Stellt sich abschließend noch die -auch für mich spannende- Frage wer und warum schon an der Uhr geschraubt hat, und ohne das der Besitzer etwas davon weiß?
der Franz
Re: ganz schön knifflig, so ein Kalendermodul
Hat Spaß gemacht zu lesen
Vielen Dank!
Benjamin
Vielen Dank!
Manche Dinge verdrängt man. Ist vielleicht auch besser so. Mir ist vor kurzem zufällig die Garantiekarte meiner ersten Uhr unter die Finger gekommen. Ich habe mich noch daran erinnert, dass es da Probleme mit einem losen Rotor gab. Aber dass sie deswegen drei mal bei Peter Peter war ...
Benjamin