Keiner hat eine Kristallkugel, die ihm sagt, welche Technologie sich durchsetzen wird. Betrachte man die Sache von über den ganzen Innovationstrichter, dann ist es normal, dass 90% aller Innovationen Sackgassen sind, die sich nicht durchsetzen. Nur, wenn man bei den 10%, die erfolgreich werden, nicht dabei ist, dann sieht man verdammt alt aus.
Zum Thema Silizium kann ich nicht viel sagen, das Material hat nicht die Eigenschaften, die wir für unsere Geräte brauchen. Was wir brauchen sind Silizium Halbleiter, und da sehe ich keine ungenutzten Kapazitäten. Im Gegenteil, das Rad dreht sich zur Zeit am Limit, Lieferfristen von über einem Jahr behindern uns massiv, wenn man keine Stückzahlen wie Smartphone- oder Spielekonsolen-Hersteller abnimmt muss man betteln, wenn man was dringend braucht (und Mondpreise zahlen).
Wir benötigen mechanische Teile aus beständigen Aluminium-, Stahl und Nickel-Legierungen. In der Prototypenentwicklung ist dies heute schon Standard. Erfahrungen:
- Die mechanischen Eigenschaften übertreffen die von konventionellen Teilen. Sie sind höher belastbar, typisch 10 bis 20% besser als konventionell gefertigte Serienteile.
- Die Oberflächengüte hat sich in den letzten Jahren dramatisch verbessert. Es fehlt nicht mehr viel, und die Anforderungen aus Pharma und Lebensmittelindustrie sind erfüllbar. Mit dem Aufwand, den die Uhrenindustrie heute in Nacharbeit investiert ist es auch nicht mehr weit, bis es geht.
- Wir bewegen uns gerade an dem Punkt, an dem der Übergang zur Nutzung zur Serienfertigung ansteht. Neben den besseren Werten, weniger Fehlstellen ist die Möglichkeit, bisher undenkbare Formen zu realisieren den Mehrpreis wert.
- Es ist ein Umlernen notwendig. Zum Beispiel ist das Design so zu wählen, dass möglichst wenig Stützstrukturen notwendig sind, bzw. sie so anzuordnen sind, dass das Entfernen möglichst einfach ist.
tourbillon69 hat geschrieben: ↑30 Okt 2018, 23:06
... wie Deiner Meinung nach eine 4-Mann-Bude sich diese Technologie aneignen soll? ...
Wir sind keine 4-Mann-Bude, 13000 Mitarbeiter mit 2,2 Milliarden Umsatz. Trotzdem holen wir uns die Fertigung und Datenerzeugung zum Laserdruck von Aluminium, Edelstahl und Hastelloy nicht ins Haus. Es ist günstiger, sich einen Zulieferer zu erarbeiten, der das, nur das Thema als Spezialist beherrscht. Arbeitsteilung. Eines der Urprinzipien gerade der erfolgreichen Uhrenindustrie. Erfüllt natürlich nicht das Marketingmärchen der Manufaktur.
tourbillon69 hat geschrieben: ↑31 Okt 2018, 09:05
...Diese Beweise zu erarbeiten dauert in der Uhrmacherei erfahrungsgemäss 10 Jahre und mehr. Und diese sind im Vergleich zur jahrhundertelangen Geschichte der Uhrmacherei auch nur ein Furz im Wind.
Ich habe jetzt 35 Jahre praktische Berufserfahrung. Selbst in dieser kurzen Zeit (relativ zur Geschichte der Uhrmacherei u.ä.) hat sich das Tempo dramatisch beschleunigt. Aus 20 Jahren für ein Produkt hat sich das auf unter 10 Jahre verkürzt. Aktuell, dank der Vollauslastung, werden schon Dinge nach 5 Jahren wieder eingestampft, zugunsten des "Neuen". Das nervt, oder um es deutlich zu sagen, es kotzt einen an, weil man massiv damit beschäftigt ist, altes am Leben zu halten, anstatt etwas neues zu machen (Stichwort: Bauteilabkündigung, mittlerweile alltäglich). Nur, das aufhalten zu wollen ist, als ob man mit einem Eimer versucht, einen Tsunami aufzuhalten. Es ist (leider) sinnlos, Zeitmassstäbe vergangener Zeiten auf die Zukunft anwenden zu wollen.