gebläute Schrauben

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Thomas H. Ernst
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Beitrag von Thomas H. Ernst »

Kalli hat geschrieben:Schreit irgendwie noch ´ner Arbeit für den Lehrling :D
Ist auch so. In den Uhrenbuden müssen die armen Azubis am Anfang immer solchen Krempel Feilen, Bohren und Schneiden. :(
Grüsse Thomas
Euer Board-Admin
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Kalli
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Beitrag von Kalli »

War bei meiner Lehre nicht anders. 8)
Ich hab als erstes ein Stück Stahl und einige Feilen in die Hand gedrückt bekommen und musste ein, damals für mich furchtbar komplizirtes Teil herausfeilen. War ich froh, daß der Blockunterricht der Berufsschule gleich am Anfang der Lehre war.

Heutzutage hätt ich das gleiche Teil in max. 2 Std in Form und ca. 4-5 Std komplett fertig gefeilt.
Mein alter Lehrherr meinte etwas später zu mir: "Wenn du mit der Lehre fertig bist, kannst du mit der Feile Zaubern". Recht hatte er!
Si vis pacem parabellum
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Luke
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gebläute Schrauben

Beitrag von Luke »

Hallo, Ich habe ja beim WatchTimeForum auch schon ein paarmal meinen "Senf" dazu gegeben. Mir macht es Spass bei Euch. Is irgendwie seriös, Euere Gesprächs/Geschreibsrunde. Ich stell mich kurz mal vor. Ich bin Franke (Beutebayer) 59 Jahre alt, Altersteilzeitler/passiv. Da kommt man auf dumme Gedanken. Außer einen Wohnungsausbau für meine Tochter, interessiere ich mich seit neuesten für Uhren mit mechanischen "Herzchen". Eine Chinauhr hat mich darauf gebracht. (siehe auch "Wie stellt man die Ganggenauigkeit ein?")
Ich habe Mechaniker gelernt (Anlassfarben)bin Maschinenbautechniker. War lange Jahre in der Endprüfung der grössten Medizintechnischen Firma in Deutschland. Die letzten 10 Jahre vor meinen Ausscheiden, habe ich eine Entwicklungsgruppe betreut/ unterstützt mit Bau von Messmittel & Prototypen u. A.. Das feinste was zu machen war, war anlöten von "SMD" - Surface Mounted Devices. Das kommt aber nicht an die Uhrmacherkunst ran. Rumschrauben trau ich mich also noch nicht. Zum Bläuen: Ich hab es mal mit meinem geregelten Lötkolben probiert. Der geht bis 360 Grad C.
Lötspitze plan abgefeilt. Absolut keine Lötzinnreste. Eine kleine Stahlscheibe, abgeschliffen daraufgelegt. Dann langsam und geduldig mit der Temperatur hoch. Alles ist möglich, von gelb zu hell- und dunkelblau.
Kein try und error! Zur Stahlplatte mit Gewinden. Ich weiss nicht welches Format/Grösse die Schräubchen haben. Aber ein Gewindebohrer ist nicht unbedingt nötig. Man nehme eine Platte aus Kunststoff, PS wäre ideal. Jetzt braucht man nur einen Bohrer, einen 10tel Millimeter kleiner im Durchmesser als die Schräubchen. Mit Uhrmachergeschick kann man die Schrauben gerade in die Bohrung hineintreiben/schrauben.
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RaSta
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Re: gebläute Schrauben

Beitrag von RaSta »

Luke hat geschrieben:... Zum Bläuen: Ich hab es mal mit meinem geregelten Lötkolben probiert. Der geht bis 360 Grad C.
Lötspitze plan abgefeilt. Absolut keine Lötzinnreste. Eine kleine Stahlscheibe, abgeschliffen daraufgelegt. Dann langsam und geduldig mit der Temperatur hoch. Alles ist möglich, von gelb zu hell- und dunkelblau.
Kein try und error! .
Hallo Luke,

der Lötkolben bei GO war bereits auf Temperatur als die Schrauben aufgelegt wurden. Diese wurden auch nicht auf die Lötsptze des Kolbens gelegt, sondern auf dessen Schaft, also unmittelbar auf die Ummantelung der Heizspirale. An der Spitze des Lötkolbens selbst kann schon ein Luftzug die Temperatur so stark schwanken lassen, dass man farbliche Unterschiede bekommt.
Luke hat geschrieben:... Zur Stahlplatte mit Gewinden. Ich weiss nicht welches Format/Grösse die Schräubchen haben. Aber ein Gewindebohrer ist nicht unbedingt nötig. Man nehme eine Platte aus Kunststoff, PS wäre ideal. Jetzt braucht man nur einen Bohrer, einen 10tel Millimeter kleiner im Durchmesser als die Schräubchen. Mit Uhrmachergeschick kann man die Schrauben gerade in die Bohrung hineintreiben/schrauben.
Die Schrauben werden zu mehreren Dutzend auf einmal poliert. Hat man 50 bis 60 Schrauben in einer Platte, so muss jede exakt gleichweit überstehen, sonst werden einige Köpfe nicht oder schräg poliert, weil die Platte wackelt. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass Kunststoffplatten bei Druck noch verformen. Für den Hausgebrauch könnte es aber gehen.


Anbei noch zwei Foto´s von dem Vorgang bei Glashütte Original.
Hier sieht man die Platte, in welche die Schrauben eingedreht sind...

Bild

...und hier werden sind behutsamst mit Zinnpolitur poliert (bis zu einer Stunde pro Platte und ganz geringem Druck :arrow: :shock: )

Bild


Gruß

RaSta
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Kalli
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Beitrag von Kalli »

ist die "Zinnpolitur" nur eine normale Politur für Zinn (also eine feine Politurpaste), oder ist das ´ne Bezeichnung für irgendwas spezielles??
Si vis pacem parabellum
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RaSta
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Beitrag von RaSta »

Kalli hat geschrieben:ist die "Zinnpolitur" nur eine normale Politur für Zinn (also eine feine Politurpaste), oder ist das ´ne Bezeichnung für irgendwas spezielles??
Hallo Kalli,

gute Frage, die ich Dir aber leider nicht beantworten kann :roll: . Ich meine, dass da auch Diamantpulver mit drin ist. Vielleicht hat einer der anderen Forumianer beim Rundgang besser aufgepasst :wink: .

Gruß

RaSta
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hermann
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Beitrag von hermann »

Servus

Wenn ich mich recht an meine Berufschulzeit erinnere, haben wir unter anderem auf einer Zinnplatte unsere Werkzeuge poliert.
Leichter und schneller ging es mit einer Lederfeile und Unipol (Stahlpolierpaste). Das wurde aber vom Lehrer nicht gerne gesehen, da dadurch die Schneidkanten der Werkzeuge rund wurden.

Gruß hermann
Bild
Der Mensch hasst das Böse mehr als er das Gute liebt.
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mhanke
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Beitrag von mhanke »

In diesem Zusammenhang interessiert Euch vielleicht ein Artkel, den Martina Pfeifle (Zumindest ihr Göttergatte Gerd ist vielen von Euch sicher als langjähriges Forum-Mitglied bekannt) über ihr Praktikum bei GO geschrieben hat. Da liest man, wieviel Arbeit hinter dem schön polierten Finish steckt. (Artikel ist auf Englisch)

Martinas Artikel zum Teilepolieren

Grüße,
Marcus
"Auf Komplikationen fallen eigentlich nur einfache Gemüter herein" - CF
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Luke
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gebläute Schrauben

Beitrag von Luke »

Hallo RaSta
Zum Bläuen:
Ich habe eine Ersa Lötstation 60 A. Da ist die Lötspitze über das Heizelement gestülpt. An der Basis sind die Lötspitzen ca 10mm im Durchmesser. Es gibt auch "Lötspitzen" die verjüngen sich nicht und sind vorne angeschrägt. Wenn man nun die verzinnte Schräge glatt abfeilt und damit zinnfrei machst, hast Du, wenn Du den Lötkolben schräg einspannst eine kleine, glatte, ovale Herdplatte von ca. 10 x 12 mm,
die Du wunderbar regeln kannst. Mit langsam hochfahren meine ich, an irgendeinen Objekt die entsprechenden Anlassfarben ausprobieren. Wenn Du entsprechende Temperatureinstellung hast, kannst Du die immer wieder so verwenden. Natürlich kannst Du erst heiss machen und dann die Schraube auflegen. Im kleinen Kämmerchen hab ich keinen Luftzug.
Und... mein Lötkolben schiebt jede Menge Wärme nach.
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Luke
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gebläute Schrauben

Beitrag von Luke »

Hallo RaSta
Zum Abschleifen:
Mein Beitrag war als Hilfe gmeint, wenn denn einer keinen dieser kitzekleinen Gewindebohrer hat. Bei den Kräften die man zum abschleifen benötigt, wird eine 5mm Platte aus welchen Kunststoff auch immer, genügen,
Gegen das Abkippeln? Da gibt es genügend Lösungen.
1. Kann man auch mehrere Löcher bohren.
2. oder z.B. ein Platte 5-10 mm stark. dreieckig, Kantenlänge ca. 6cm.
An allen drei Ecken ein M6 Gewindeloch. Von oben Drei Schrauben mit Kontermutter. Die Schrauben unten knapp soweit rausschauen lassen, wie die Schraubenkopfhöhe. Nichts für Grobmotoriker, aber für Euch Uhrmacher ein Klacks. Und dann schön schleifen. Sicher gibst noch andere Lösungen. Es war nur ein Gedankenbeitrag.
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MuellerB
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Beitrag von MuellerB »

Hallo,

mein Beitrag zum Polieren:

Bis jetzt habe ich immer die Polierpaste (Rot Nr.421) von Dremel genutzt. Die habe ich auf ein Blatt Papier gerieben. Papier, weil es ein wenig aufnimmt aber trotzden glatt ist. Die Schraube habe ich in ein Stück Holz (Rest von meinem Parket) gedreht. Für Holz braucht man kein Gewindeschneider und es bietet trotzden genug Härte für die Abstützung. Und was dann kommt wurde ja schon mehrfach gesagt: Geduldiges polieren....

Ein Problem habe ich aber bekommen: Bei dem Polieren eines Ankerradklobens von einem Miyota-Kaliber habe ich es so schön poliert :oops: bis hinterher das Messing sichtbar war :? Naja, ich werde mir wohl mal in der nächsten Zeit was zum Vergolden, Versilbern oder verkupfern holen :P . Dann ist das Problem auch gelöst.

Gruß,

Björn
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walter
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Beitrag von walter »

Möchte das interessante Thema noch mal mit einer Frage erweitern:

Gilt fürs Zeiger bläuen das Gleiche ?

Hab auf einer "Einfachuhr" einen sehr feinen, schmalen Sekundenzeiger -Anzeige aus der Mitte - dem ich blaue Farbe mitgeben möchte, vielleicht ist er dann besser erkennbar !?

Denke mir, daß es bei Zeigern ob der Länge von 12-15mm schwieriger
ist, die Temperatur gleichmässig zu halten, um EINEN Farbton zu bekommen.

Wer hats schon gemacht und kann berichten ?

LG
Walter
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Ralf
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Beitrag von Ralf »

walter hat geschrieben:...
Hab auf einer "Einfachuhr" einen sehr feinen, schmalen Sekundenzeiger -Anzeige aus der Mitte - dem ich blaue Farbe mitgeben möchte, vielleicht ist er dann besser erkennbar !? ...
Ich halte es für äusserst unwahrscheinlich, auch bei einer Einfachuhr, sowohl dass der Zeiger aus einem bläubaren Stahl als auch dass er unbeschichtet ist. Insofern sind die Erfolgsaussichten gegen Null.
Man liest sich!

Ralf
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Kalli
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Beitrag von Kalli »

Wenn er wirklich unbeschichtet ist (auch ohne Lack muss er sein), dann könnte es folgendermaßen gehen:

Zeiger auf dein Blech (bevorzugt Kupfer - ist aber kein muss) legen und das Bech gleichmäßug erwärmen.

Auch die Herdplattengeschichte funktioniert da - hauptsache die Hitze verteilt sich und ist nicht punktuell
Si vis pacem parabellum
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walter
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Beitrag von walter »

@ Ralf
@ Kalli

fatal, fatal... wenn der Zeiger aus Kunststoff ist, reichts hinterher wohl grad noch für ne "kleine Sekunde" :cry:

Da er glänzt, wird die Oberfläche auf jeden Fall behandelt sein...

LG
Walter
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