Tritium und UV Strahlung

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unnnamed
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Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

"Tach Post" (na, wer kennt noch Ralf, die Hand)

Mir fiel folgendes auf, nachdem ich eine neue Taschenlampe mit
365nm UV Licht Wellenlänge gekauft habe: Tritium wird davon nicht
so angeregt, wie ich es erwartet habe.

Um es verwirrender zu machen:

1) Zuerst probierte ich es an einer Pre-V Panerai mit Sandwichblatt.
Spitzenmäßiges Anregen des Tritiums. Ein paar andere Panerai mit
Tritiummasse ausprobiert, es leuchtet!

2) Der Besitzer der Pre-V Uhr sagte "bei ihm sei nichts zu sehen", aber mit
welcher Wellenlänge seine Lampe arbeitet weiß er nicht. Auf jeden Fall hatte
er Freude an meiner Aussage, dass es sehr wohl leuchtet.

3) Etliche andere Uhren mit Tritium angestrahlt und festgestellt, dass
praktisch nichts zu sehen ist. Das Wort praktisch kann hier fast durch
"gar nichts" ersetzt werden. Rolex, Tudor.

4) Bei einigen der angestrahlten Zeitmesser hatte ich dies selbst schon
mit UV Strahlung im langerwelligen Bereich getan: es leuchtete
(Annahme, dass meine andere Lampe im Bereich 395 nm und/ oder
darüber liegt, auf jeden Fall deutlich weiter im sichtbaren Bereich).




Ist es denn so, dass 365 nm UV Licht Tritiumleuchtmittel nicht anregt?
Warum hat es die Panerai zum Leuchten gebracht? Weshalb verhalten
sich die herangezogen Rolex/ Tudor anders?

Bin ganz gespannt, ob ihr eine Erklärung habt. :!:
Gruß Bernd
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unnnamed
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

Nachtrag.

Soeben probiere ich die UV Lampe an zwei alten Borduhren.

Objekt 1 Borduhr Flugzeug WK2 (O1)
Objekt 2 Borduhr Jaeger für die USA, gewiss militärisch (O2)

Beide haben unter Garabtie Radium und nicht Tritium als Erreger.

UV Licht:

- O1: starke Anregung
- O2: null Reaktion

1000 Lumen sichtbare Wellenlänge:

- O1: starke Anregung
- O2: null Reaktion

-----------------------------------------------------------------------

Geigerzähler :

Schalte ein in etwa 20cm Entfernung und denke an einen Defekt
des Gerätes, da sofort die Skala (Impulse pro Minute, bis 320, Gamma)
gesprengt wird.

Kein Fehler. Es waren die Uhren.

Jetzt aber das, was mich so irritiert:

- O1: 0,2 mR/h
- O2: 2,5 bis 3 mR/h

Wir rufen uns in Erinnerung, O2, die Jaeger, leuchtet weder durch UV
noch sichtbares Licht angeregt. Auch ist nach Gewöhnung der Augen
an die Dunkelheit nichts zu sehen. Im Gegensatz zu O1, welche immer
sichtbar ist.

"Wasn dasn?!" :shock:
Gruß Bernd
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unnnamed
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

Nachtrag 2

Einen Braun Wecker mit Tritiumleuchtmasse in den Zeiger habe ich noch stehen. Anstandslos werden die Zeiger aus einiger Entfernung
tadellos zum Leuchten animiert und sind bestens ablesbar.








Ich versteh es echt nicht. Wieso leuchten manche, andere gar nicht?
Es müsste ja eigentlich an den verwendeten Pigmenten liegen? Gibt
es da solche Unterschiede?
Gruß Bernd
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Ralf
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von Ralf »

Oh jeh, und das um die Uhrzeit und nach 2 Stunden Ron Carter Liveaufnahme aus Stockholm.

Ich fang' mal mit dem Radium an. Alle sagen Radium, richtig wäre aber Radiumsalz für das leuchtende Zeug. Normalerweise wohl Radiumchlorid. Radium selber würde schnell mit Sauerstoff und/oder Wasser reagieren und leuchten tut da nix.

Tritium ist eine andere Geschichte. Da sind zwei getrennte Prozesse hintereinander geschaltet.
  1. Das Tritium sendet Elektronen aus, nennt sich dann beta-Strahlung. Man sieht nix davon
  2. Ein weiterer Stoff fängt die Elektronen ein. Nimmt man dafür einen sogenannten Szintillator, dann wandelt der die Energie der Elektronen in Photonen um, also in Licht. Es gibt jetzt einen ganzen Haufen Stoffe, die Szintillatoren sind, anorganisch und organische. Guckst du https://de.m.wikipedia.org/wiki/Szintillator
Du regst mit deiner Funzel nicht die Radioaktivität an, sondern die Aussendung von Photonen. Und auf welche Wellenlängen das Zeug wie reagiert, da müsste man genau wissen, welches Radiumsalz oder welcher Szintillator drin steckt. Und dann in der Fachliteratur nachgraben.

P.S.: Damit das Ganze dann noch nachleuchtet muss der Stoff dann auch "träge" sein. Die Photonen entstehen, wenn die Elektronen des Stoffes wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückfallen. Machen sie das sofort nach der Anregung, dann ist Schluss, wenn die Anregung aus und weg ist. Bei trägen Atomen kann das dauern, dann leuchtet es nachher auch noch, zumindest eine gewisse Zeit lang.

P.P.S.: Habe jetzt mal die Rechtschreibprüfung vom Dell Laptop nachträglich drüber gelassen.
Man liest sich!

Ralf
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unnnamed
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

Spitzenmäßig Ralf! Meinen ganz herzlichen Dank 💐💐🙂
Gruß Bernd
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Hertie
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von Hertie »

Ein interessantes Thema und eine gute Erklärung. :thumbsup:

Als Alteisenfan fragte man sich das schon des öfteren.
Während zb. nach Anleuchten einiger Tritiumuhren mit einer UV-Lampe alle leuchteten, blieb im Gegensatz dazu eine 1680er Rolex mit ihren im Vergleich geradezu riesigen Tritiumpunkten stockdunkel. Auch nach „Aufladung“ von mehreren Minuten. Im Darkraum konnte sich gerade mal mit viel Phantasie ein zartestes kurzes Nachleuchten erkennen lassen.
Und weil die „Leuchtmasse“ so perfekt aussah, stand dann schnell der Verdacht eines nicht orig. , bzw. restaurierten Zifferblattes im Raum. Besonders deshalb, weil die im Tageslicht farblich einwandfrei matchenden Zeiger sehr wohl leuchteten.
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Paulchen
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von Paulchen »

Danke Ralf, kannst du das bitte in den FAQ verankern?
H-P
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Heinz-Jürgen
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von Heinz-Jürgen »

Paulchen hat geschrieben: 17 Aug 2022, 08:32 Danke Ralf, kannst du das bitte in den FAQ verankern?
Und für mich bitte in FNUA (frequently not understood answers).

Danke! 😉
Grüße aus dem Pott

Heinz-Jürgen

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unnnamed
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Da strahlt das Herz doch vor Freude :mrgreen:

Bild

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Das orange Glimmen kommt aber erst mit Hilfe einer längeren Belichtungszeit zum Vorschein.
Wirkt mit bloßem Auge eher wie "ein Hauch von".
Gruß Bernd
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von MCG »

unnnamed hat geschrieben: 18 Aug 2022, 20:26 Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Da strahlt das Herz doch vor Freude :mrgreen:

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Das orange Glimmen kommt aber erst mit Hilfe einer längeren Belichtungszeit zum Vorschein.
Wirkt mit bloßem Auge eher wie "ein Hauch von".
😅
Ich spüre die Strahlung bis hier hin… 😂
LG aus Mostindien - Markus
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unnnamed
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

Und hier sieht man gut, wieso das Arbeiten an dem Zeug inzwischen immer öfter abgelehnt wird.
Die hatte ich während der Ausbildung gewaschen. Ist also eine Weile her, aber die Uhr liegt nur
herum. Und dennoch sieht man deutlich das gelöste Gebrösele.

Bild

Die Uhrmacherzunft geht immer im Servicefall das Risiko ein, die Brösel einzuschnüffeln.

Ich stehe daher auch hinter jedem Hersteller, der sagt "es bröselt, nur Austausch oder kein Service".
Denn vermutlich haben die auch schlicht die Gesundheit ihrer Angestellten im Kopf (unterstelle ich
denen jetzt einfach mal so).


____________________________________________________________________

Und ein modernes Pendant, SL.

Bild
Gruß Bernd
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C.95
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von C.95 »

Immer noch ein interessantes Thema.
Ich habe noch dieses Foto auf den Server gefunden.
Irgendwo habe ich auch noch was mit Radium ?!

Bild

Habe auch das Radium gefunden:

Bild
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unnnamed
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von unnnamed »

Ausgezeichnet, und sehr informativ mit den Werten im letzten Bild.
Das macht auch dem eindrücklich klar, der sowas noch nicht gesehen
hat, dass es kaum sichtbar ist.
Gruß Bernd
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C.95
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von C.95 »

unnnamed hat geschrieben: 19 Aug 2022, 11:11 Ausgezeichnet, und sehr informativ mit den Werten im letzten Bild.
Das macht auch dem eindrücklich klar, der sowas noch nicht gesehen
hat, dass es kaum sichtbar ist.
Danke und den Sinn der EXIF Daten richtig gedeutet.

Interessant ist auch das Foto mit dem Zinksulfat, das bei Beleuchtung nur kurzfristig, ca. einige Minuten, leuchtet.
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Ralf
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Re: Tritium und UV Strahlung

Beitrag von Ralf »

Es regnet und donnert gerade heftig, zu heftig für ein Mittagsschläfchen, da hab ich ein bisschen weiter gegraben. Dabei tauchten zwei Hinweise auf, dass in Radiumleuchtfarbe auch das Salz Radiumbromid verwendet würde. Alle Radiumsalze würden leuchten, Radiumbromid und Radiumchlorid jedoch am hellsten.

Gerade läuft jetzt das Wasser unter dem Wohnwagenvorzelt durch.

Zur Frage, ob auch in Radiumleuchtfarben Szintillatoren beigegeben werden habe ich nichts gefunden. Könnte mir aber vorstellen, dass man so noch etwas mehr Licht rausholen könnte.
Man liest sich!

Ralf
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