E.G. hat geschrieben: ↑12 Mär 2024, 15:51Die Rückseite des Deckels ist glatt wie ein Kinderpopo bzw. ein Spiegel. Ein Uhrmacher tippte auf "wirklich wenig getragen", aber nun scheint mit "poliert" wahrscheinlicher.
Die übliche Leidensgeschichte zahlreicher Vintage-Uhren: Der Poliermotor des Grauens und seine "Höllenknechte der runden Kante" aka die "Colanis der Uhrenbranche".
Mir hat so ein Hochglanz-Fetischist ein Erbstück, die allererste mit eigenem Geld gekaufte Uhr meines Vaters, komplett zerstört indem er die wunderschöne Tissot Hammerautomatik mit toll gemachtem Gehäuse zu einem hässliches Glitzerbonbon degradiert hat. Ich weiss nicht wieviel Pfund Diamantine er in die Fallschirmseide gedrückt hat um jeden noch so kümmerlichen Rest von Charakter aus dem langen und ereignisreichen Leben der Uhr heraus zu pfuschen. Nicht nur dass er die ganzen Schliffe, Fasen und Kanten wegpoliert hat, das gestufte Plexiglas mit eingelassenen Stundenzeichen musste einem simplen Standardglas weichen. Das alte hat er beim Ausbau beschädigt, daher kann ich es nicht zurück tauschen. Das Gehäuse ist derart entstellt dass beim Versuch der Restaurierung das Mittelteil so verzogen wurde dass die Uhr nur noch für die Vitrine taugt.
Wo müsste die Seriennummer denn zu finden sein?
Alle Abbildungen in meiner umfangreichen Literatur zeigen ausschliesslich geschliffene Böden (Strich- oder Wölkchenschliff) mit einer eingeprägten Krone und der Seriennummer. Unbeschriftete, polierte Böden kommen da nicht vor. Heute findet sich die Seriennummer zwischen den Hörner und meist auch auf dem Rehaut.
Hier mal ein korrektes Beispiel, eine
Referenz 9006 aus 1957
Die Referenznummer 9006 steht innen auf dem Boden.
Die Seriennummer 257629 steht aussen auf dem Boden und passt zum Baujahr 1957, hier stimmen die Listen also.
Die Werknummer N1911?, wie auf dem Werk zu sehen, hat nichts mit diesen Listen zu tun.
Dann müsste es also in Abhängigkeit von der Schlagzahl ein 1120 oder ein 1220 mit 18.000 bzw. 21.600 Halbschwingungen pro Minute sein?
Nicht, dass es einen Unterschied ausmachen sollte, da wohl die gesamte Kaliber-Familie zeitgleich auf den Markt kam.
Nein, die Kaliber kamen in deutlichem Abstand raus.
- 1210: Basiskaliber, Chronometer, 18'000 A/h, Schraubenunruh, Breguetspirale, 23,80 mm x 4,27 mm, ab 1954
- 1200: Kleine Sekunde, Chronometer, 18'000 A/h, Schraubenunruh, Breguetspirale, 23,80 mm x 3,65 mm, ab 1961
- 1215: Datum, Chronometer, 18'000 A/h, Schraubenunruh, Breguetspirale, 23,80 mm x 5,07 mm, ab 1954
- 1220: Chronometer, 21'600 A/h, Ringunruh mit Flachspirale, 23,80 mm x 4,27 mm, ab 1967
- 1225: Datum, Chronometer, 21'600 A/h, Ringunruh mit Flachspirale, 23,80 mm x 5,07 mm, ab 1967
Und wieder einmal beeindruckt mich Dein Wissen. Danke, dass Du es immer so großzügig teilst.
Danke, gerne. Allerdings muss ich gestehen dass ich bei Weitem nicht alles selber weiss, ich kann aber auf einiges an Dokumentationen zugreifen die es nicht im Laden zu kaufen gibt.