Entfernen abgerissener Schrauben

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lottemann
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Entfernen abgerissener Schrauben

Beitrag von lottemann »

Hallo da draussen,

heute habe ich mal eine Frage, die sich vor allem
an die Profis unter uns richtet.

Ich habe eine schöne Cortebert Taschenuhr gekauft,
die im grossen und ganzen in einem recht schönen
Zustand ist. Nur die Werkbefestigungsschrauben machen
mir Sorgen. Sie sind alle beide abgerissen. D.h. die
Schraubenköpfe fallen raus und im Schraubenloch
verbleiben die Gewinde.
Gibt es irgendeinen Trick, mit dem sich solche Gewinde
wieder herausbekommen lassen?????

Im Voraus meinen Dank für Eure Hilfe!

Gruss,

Michael
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schredder66
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Beitrag von schredder66 »

Moin Michael,

als Laie und Nichtfachmann würde ich gefährlich halbwissend vorschlagen, in die in den Gewindelöchern steckende kopflosen Schrauben neue Gewinde zu schneiden?!

Ich habe nur keine Ahnung, ob das in solch kleinen Massstäben möglich / machbar ist?!
HARRY (Member No. 25)

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ducaticorse21
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Beitrag von ducaticorse21 »

Für abgebrochene Schrauben gibt es sogenannte "Ausdreher". Ob es die allerdings auch in diesen sehr kleinen Größen gibt, entzieht sich meiner Kenntnis... :?

So sehen sie aus...:

http://www.ritter-werkzeuge.de/schneidw ... dreher.htm
Gruß
Stefan
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Hauke Heffels
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Beitrag von Hauke Heffels »

Also grundsätzlich sollte man versuchen diese Restgewinde vorsichtig mit einer spitzen Pinzette oder Ölgeber heraus zu drehen. ( nur bei Durchgangsbohrungen möglich ) Oftmals geht das in die andere Richtung besser ( also weiter einschrauben ) das bedeutet du musst die Uhr oder das betreffende Bauteil komplett demontieren.

Geht das das nicht empfehle ich, hier auch wieder abhängig davon um was es sich für ein Material handelt, 6 % Schwefelsäure tropfenwiese nur in das Gewinde einbringen. Alle Stahlteile in der Umgebung müssen entfernt werden also nur die Platine oder Brücke einzeln behandeln. Nie, wiederhole niemals wie oft empfohlen die Platine darin auskochen oder ähnliches. Unter Umständen beschädigt man die Vergoldung / Vernickelung oder ähnliches. Die Tropfenmethode ist langwierig und dauert einige Tage, d.h du musst immer wieder die Stelle säubern trocknen und wieder behandeln aber es für sicher zum Erfolg. Die Stahlschraube zerbröselt irgendwann und du hast ein originales und ungeschädigtes Gewinde in der Bohrung. Diese Methode geht natürlich nicht bei Stahl ind Stahlverschraubungen :-)

Es gibt unzähliche Schraubenentfernungmittelchen aber eigentlich fünktioniert alles ähnlich.

Andere Methode wie ausbohren - einbohren und mittels Konus oder eingeschnittenem Gewinde den Rest entfernen ist alles was für Profis mit dem entsprechdendem Werkzeug und Erfahrung. Ich würde davon abraten. Eine vermurkste Platine ist oft das Resultat.

Zerleg das Werk und schau dir den Schaden genau an. Mit etwas Geduld und Glück geht das so das niemand sieht das da ein Defekt war. Und das muß das Ziel sein.

Zur Methode mit der Schwefelsäure sei angemerkt danach das Bauteil sklavisch mehrfach intensiv reinigen und trocknen. :-) Wie sagt der Fachmann neutralisieren :-)

Wenn es Probleme / Fragen gibt melde dich

Gruß
Hauke Heffels
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lottemann
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Beitrag von lottemann »

Hallo Hauke,

vielen Dank für die ausführlichen Tips!!
Als Chemiker sollte es mich vor keine unlösbaren Probleme
stellen 6%ige Schwefelsäure zu organisieren :wink:
ich werde es aber auf jeden Fall zuerst mit dem "Durch-
schrauben" versuchen.



...




... sobald ich Zeit dazu finde :oops: 8)




Das Ergebnis werde ich Euch natürlich nicht vorenthalten.

Gruss,

Michael
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ducaticorse21
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Beitrag von ducaticorse21 »

Hier noch etwas zur Handhabung des "Ausdrehers"...:


Bei bündig abgerissenen Schrauben hilft nur noch ein Linksausdreher. Diese Werkzeuge sehen etwa aus wie konisch geformte Gewindebohrer, haben aber ein Linksgewinde:


Die Schraube wird am Ende möglichst Plan gefeilt und in der Mitte angekörnt. Nun wird sie mit etwa dem halben Durchmesser aufgebohrt. Das Ausdrehwerkzeug "schraubt" man jetzt gegen den Uhrzeigersinn in das Bohrloch bis es, bedingt durch die Konizität, klemmt und die Schraube mitdreht. Eminent wichtig ist dabei daß das Loch nicht zu groß gebohrt wird, da sonst der Ausdreher die Schraube spreizt und so noch fester mit dem Teil verbindet!



Aber wie gesagt, bei so einem filigranen Bauteil... :?: :?

Wohl etwas für einen Profi.
Gruß
Stefan
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Hauke Heffels
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Beitrag von Hauke Heffels »

ducaticorse21 hat geschrieben:Hier noch etwas zur Handhabung des "Ausdrehers"...:


Bei bündig abgerissenen Schrauben hilft nur noch ein Linksausdreher. Diese Werkzeuge sehen etwa aus wie konisch geformte Gewindebohrer, haben aber ein Linksgewinde:


Die Schraube wird am Ende möglichst Plan gefeilt und in der Mitte angekörnt. Nun wird sie mit etwa dem halben Durchmesser aufgebohrt. Das Ausdrehwerkzeug "schraubt" man jetzt gegen den Uhrzeigersinn in das Bohrloch bis es, bedingt durch die Konizität, klemmt und die Schraube mitdreht. Eminent wichtig ist dabei daß das Loch nicht zu groß gebohrt wird, da sonst der Ausdreher die Schraube spreizt und so noch fester mit dem Teil verbindet!



Aber wie gesagt, bei so einem filigranen Bauteil... :?: :?

Wohl etwas für einen Profi.
Richtig :-)

was geht ist mittels Wideabohrer mittig durchbohren und mit einem Konus / ich nehme da immer eine Reibahle die man evt. opfern muß und schlage diese vorsichtigt ein dann kann man die Schraube meist normal heraus drehen. Wie schon gesagt manchmal hat man nur einen ( 1 ) Versuch und man muß die Risiken abwägen. Ich halte die chemische Keule für einfachste Methode denn wenn man später doch bohern muß ist der Stahl bereits geschwächt und es geht besser. Das Problem ist nämlich oftmals das man beim Anbohrhen abrutscht und neben dem Gewinde im Messing landet.... irgendwann kann man dann eine 4 mm Schraube eindrehen.... :-)

Hauke Heffels
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hermann
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Beitrag von hermann »

Hallo

In der Praxis lassen sich grob geschätzt 90% der Gewinde "herauskitzeln" (wie Hauke beschrieben hat).

Also zuerst das probieren bevor der Chemiebaukasten zum Einsatz kommt! :wink:

Gruß hermann
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trombone
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Beitrag von trombone »

So ein Zufall,

ich hab mir auch eine Cortebert Taschenuhr für meine Uhrmacherversuche gekauft. :)

Bei mir war es die Sperrkegelschraube, die abgebrochen war. Es steckte nur noch ein kleiner Rest in der Platine.

Auf Anraten eines Uhrmachers habe ich es mit einem selbstgefeilten Dorn nach unten durchgeschlagen (es war eine durchgehende Bohrung). Die neue Schraube hält hervorragend.

Wenn natürlich mehr von der Schraube in der Platine steckt, ist das keine gute Idee, da ja dann kaum noch was vom Gewinde in der Platine übrigbleibt. Außerdem war´s ja eh nur zum Üben.
Gruß
Armin

Gäbe es die letzte Minute nicht, so würde nie etwas fertig! (Mark Twain)
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