ETA 2824 "Handaufzug"

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Heinrich
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von Heinrich »

indiana hat geschrieben:Wie ETA das mit einem zusätzlichen Billgteil hätte lösen können
zeigt ja die Handaufzugsvariante.
...
Es bleibt an dieser Stelle einfach ein Billigkonstruktion auf Kosten
des Kunden. Wo gedreht werden kann wird gedreht!
Na, das ist ja so nicht richtig. Die schwimmende Lagerung des Rädchens hat ja seinen Zweck. Sobald der Automatikaufzug greift, wird das Rädchen etwas zur Seite geschoben und kommt ausser Eingriff mit dem Antrieb der Federhauswelle. Der Vorteil liegt darin, dass der Automatikaufzug das Rädchen mit der Sperrklinke und das Kronrad dann nicht mitbewegen muss und so einen besseren Wirkungsgrad hat. Die Werkskonstruktion stammt eben noch aus der Zeit als das Tragen von vielen verschiendenen Armbanduhren im täglichen Wechsel noch nicht allgemein üblich war. Wenn die Uhr regelmäßig getragen wird und fast immer nur über die Automatik aufgezogen wird, hält die Lagerung des Rädchens Jahrzehnte. So gesehen handelt es sich meiner Ansicht nach um eine sehr geschickte technische Lösung und nicht um eine Billigkonstruktion.

Heinrich
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Axel66
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von Axel66 »

Heinrich hat geschrieben:
indiana hat geschrieben:Wie ETA das mit einem zusätzlichen Billgteil hätte lösen können
zeigt ja die Handaufzugsvariante.
...
Es bleibt an dieser Stelle einfach ein Billigkonstruktion auf Kosten
des Kunden. Wo gedreht werden kann wird gedreht!
Na, das ist ja so nicht richtig. Die schwimmende Lagerung des Rädchens hat ja seinen Zweck. Sobald der Automatikaufzug greift, wird das Rädchen etwas zur Seite geschoben und kommt ausser Eingriff mit dem Antrieb der Federhauswelle. Der Vorteil liegt darin, dass der Automatikaufzug das Rädchen mit der Sperrklinke und das Kronrad dann nicht mitbewegen muss und so einen besseren Wirkungsgrad hat. Die Werkskonstruktion stammt eben noch aus der Zeit als das Tragen von vielen verschiendenen Armbanduhren im täglichen Wechsel noch nicht allgemein üblich war. Wenn die Uhr regelmäßig getragen wird und fast immer nur über die Automatik aufgezogen wird, hält die Lagerung des Rädchens Jahrzehnte. So gesehen handelt es sich meiner Ansicht nach um eine sehr geschickte technische Lösung und nicht um eine Billigkonstruktion.

Heinrich
Genau so ist es, danke Heinrich!

Gruß,

Axel

P.S. ich bin selbst Seiko-Fan, aber wennman schon ein Werk mit dem ETA 2428 vergleichen will, sollte es doch wohl eher das 4S15 sein. Dieses hat ebenfalls eine Handaufzugsmöglichkeit. Ich habe meines noch nicht demontiert und weiß von daher nicht, wie es dort gelöst ist. Vielleicht traue ich mich mal demnächst dran. Falls ich aber den Mut (da meine handwerklichen Qualitäten doch eher begrenzt sind) nicht aufbringe, könnte vielleicht einer der anwesenden Uhrmacher Stellung nehmen (wobei das 4S15 in unseren Breitengraden nicht gerade häufig anzutreffen ist).
Hier mal ein Bild vom genannten Werk (wobei natürlich durch die Automatikbrücke nicht viel erkennbar ist):
Bild
Gruß,

Axel
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retroman
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von retroman »

Heinrich hat geschrieben: Wenn die Uhr regelmäßig getragen wird und fast immer nur über die Automatik aufgezogen wird, hält die Lagerung des Rädchens Jahrzehnte. So gesehen handelt es sich meiner Ansicht nach um eine sehr geschickte technische Lösung und nicht um eine Billigkonstruktion.

Heinrich
Der Hersteller könnte natürlich den Linsenbutzen etwas kleiner machen und dann einen passenden gehärteten Ring zwischen Rad und Butzen setzen.
Vielleicht schreibt mal einer einen "offenen Brief" an ETA warum das noch nicht realisiert wurde...... :whistling:

Au weia, da bin ich aber mal gespannt.
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lottemann
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von lottemann »

Hat hier jemand nach Franz M. gerufen?











:whistling:
Manni
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von Manni »

Hallo,

meine Erfahrung geht eher dahin, das es sich bei Werken mit solchen Schäden fast ausschließlich um solche handelt, die nie oder nur seltenst zur Revision waren, bzw. dort gepfuscht wurde.
Stahl und Messing sind ja an und für sich keine so schlechten Reibpartner, schon gar nicht wenn sie nicht trocken laufen.

Viele dieser Werke fallen aber bei so manchem Einschaler auch einfach ohne große Vorbereitung in die Gehäuse
Da wird nicht geölt und nicht gefettet oder sonstiger „unnötiger“ Aufwand getrieben, Hauptsache die Uhr läuft bis die Garantiezeit vorüber ist.

Ich hab schon so manches trockene ETA-Werk von irgendeinem Einschaler verbaut in Händen gehalten, aber noch nie eines welches von einer der Swatch-Töchter verbaut wurde.
Das sollte auch schon mal zu denken geben.

Irgendwie kein Wunder das NH keine Lust mehr hat die eigenen Werke an Fremde zu verkaufen.

Gruss
vorollo
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von vorollo »

Manni hat geschrieben:Hallo,

meine Erfahrung geht eher dahin, das es sich bei Werken mit solchen Schäden fast ausschließlich um solche handelt, die nie oder nur seltenst zur Revision waren, bzw. dort gepfuscht wurde.
Stahl und Messing sind ja an und für sich keine so schlechten Reibpartner, schon gar nicht wenn sie nicht trocken laufen.

Viele dieser Werke fallen aber bei so manchem Einschaler auch einfach ohne große Vorbereitung in die Gehäuse
Da wird nicht geölt und nicht gefettet oder sonstiger „unnötiger“ Aufwand getrieben, Hauptsache die Uhr läuft bis die Garantiezeit vorüber ist.

Ich hab schon so manches trockene ETA-Werk von irgendeinem Einschaler verbaut in Händen gehalten, aber noch nie eines welches von einer der Swatch-Töchter verbaut wurde.
Das sollte auch schon mal zu denken geben.

Irgendwie kein Wunder das NH keine Lust mehr hat die eigenen Werke an Fremde zu verkaufen.

Gruss
Das finde ich eine gute Aussage!

V.
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Marechal
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von Marechal »

Hm,

meine Omega Connie mit 1120er Werk ( ist ja ein 2892 Automatik) kriege ich mit normaler Aktivität nicht aufgezogen.

Ich helfe deshalb jeden Morgen mit dem Handaufzug nach... muss ich mir jetzt nen Kopp machen?
Klar macht Handaufzug Spass, ist wie jeden Tag an ner tollen Frau rumzufummeln ;-) Automatik ist wie Verheiratet :-P
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retroman
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von retroman »

Ich grabe diesen Uraltthread noch mal aus, weil ich etwas zu berichten habe und keinen neuen dafür eröffnen möchte..
Manche Leute können es ja nicht lassen und drehen ständig, also mehrmals am Tag, gedankenverloren an der Krone Ihrer Uhr. Wenn es ein 2824 ist, mit den bekannten Folgen.
Wer nicht noch mal alles lesen möchte: die „Linse“, auf der das Kronrad gelagert ist, nutzt ab. Weil kein Lagerring da ist. Da kann man dann nichts mehr machen, außer die gesamte Federhausbrücke zu ersetzen. Bei den vielen verschiedenen Dekorationen, die es heute gibt, kann das schon mal ein Problem sein. Und eine Brücke, die eine andere Dekoration als der Rest des Werkes hat, sieht sch**** aus. Natürlich haben sich die Konstrukteure was dabei gedacht, das Rad auf einer Ellipse zu lagern. Wenn die Automatik das Federhaus aufzieht, drückt sich das Kronrad weg und muss nicht mitgedreht werden.
Hier noch mal die Brücke ohne Kronradschraube aus einem alten Werk

Bild

Brücke und Kronrad

Bild

Wenn man da einen Lagerring aus gehärtetem Stahl einbauen könnte........

Dazu müsste erst mal die „Linse“ rund werden. Da geht’s schon los mit den Problemen. Weil unten die Stellstifte sind, kann das Teil nicht aufgelackt werden.

Bild

Also habe ich die Brücke auf eine Grundplatte geschraubt.

Bild

Um die auf einer Planscheibe zu zentrieren, musste ich etwas aus der Grundplatte raussägen

Bild

Dann ab auf die Planscheibe

Bild

Und die Ellipse abdrehen

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Das Ergebnis

Bild

Dann habe ich aus Silberstahl (weil härtbar) einen Kronradring gedreht

Bild

Muss noch entgratet werden

Bild

Passt

Bild

Bild

Jetzt die Brücke auf ein anderes Werk schrauben

Bild

Der Achsabstand zum Sperrrad passt. Das Kronrad kann sich jetzt ja nicht mehr radial bewegen.

Bild

Die Automatik drauf und den Rotor drehen.

Bild

Wie vermutet, dreht sich nun das Kronrad und auch das Kupplungsrad mit, wenn der Rotor das Federhaus aufzieht. Die Aufzugwelle aber nicht, da kuppelt dann das Kupplungstrieb aus.
Jetzt noch ein Zifferblatt drauf und Zeiger (irgendwelche) und auf das Umlaufgerät. Mal sehen, wie sich dieser Umbau auf das Aufzugsverhalten auswirkt.

Bild

Ich weiß natürlich nicht, ob sich dieser Umbau negativ auf andere Bauteile auswirkt oder ob es woanders zu erhöhtem Verschleiß kommt. Ich denke da besonders an das Kupplungsrad/Kupplungstrieb. Ich bin ja kein hochbezahlter Dipl. Ing. oder Fachkonstrukteur. Und mehrere Wochen auf dem Umlaufgerät sind bestimmt zu wenig, um langfristig etwas dazu sagen zu können. Aber vielleicht ist das eine Möglichkeit, so „abgenudelte“ Federhausbrücken noch zu retten.
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o.v.e
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von o.v.e »

I like it! :D
Ardnut since 1989!

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660feet
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von 660feet »

Klasse Umbau! Ich würde ebenso vermuten, dass sich der Verschleiß nun eventuell in Richtung Kupplungsrad verlagert.
Und während des Rotoraufzugs müsste da jetzt noch ein zweites Klicken zu hören sein... :wink:

Gruß, 660feet
Wenn der Affe zuschaut, pflanze keine Erdnüsse (afrikanisches Sprichwort).
BernhardJ
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von BernhardJ »

Beim Handaufzug muß man dann aber auch den Rotor voll durchkurbeln, weil keine Entkopplung mehr zwischen Auto und Handaufzug da ist, oder?
Ich würde sagen, das geht jetzt dauerhaft auf die Zähne, vor allem wenn man nicht aufpaßt und die Uhr beim Handaufziehen nicht immer schön waagerecht hält.

Grüße - Bernhard
Philclock
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von Philclock »

Rainer,was hast Du da für eine abgefahrene Planscheibe?
Hast Du dir die selber gemacht?
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660feet
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von 660feet »

BernhardJ hat geschrieben:Beim Handaufzug muß man dann aber auch den Rotor voll durchkurbeln, weil keine Entkopplung mehr zwischen Auto und Handaufzug da ist, oder?
Ich würde sagen, das geht jetzt dauerhaft auf die Zähne, vor allem wenn man nicht aufpaßt und die Uhr beim Handaufziehen nicht immer schön waagerecht hält.
Ähm Bernhard, und ich würde sagen, Du beschäftigst Dich jetzt erstmal intensiv mit der Funktionsweise von Klinkenrad-Wechselgetrieben... :whistling:

Gruß, 660feet
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retroman
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von retroman »

Philclock hat geschrieben:Rainer,was hast Du da für eine abgefahrene Planscheibe?
Hast Du dir die selber gemacht?
Klasse, wa ?
Das ist wohl ein Eigenbau, aber sehr professionell gemacht. Aber nicht von mir.


In der Mittagspause habe ich mir eine Planscheibe für die Federhausbrücke gedreht. Mit Führungsstift in der Mitte.

Bild

Mit Löchern für die Passstifte, damit ich die Brücke aufschrauben kann

Bild

Das mit den Löchern hat leider nicht beim ersten mal geklappt....... :oops:

Bild

Aber das Abbohren der Schraubenlöcher war dann problemlos.

Bild

Am Wochenende versuche ich mal, einen Lagering zu drehen, der innen rund und außen ellipsenförmig ist. Mir gefällt die Vorstellung sagen zu können:

in meinen Uhren mit diesem Werk ist das Kronrad natürlich auf einem Stahlring gelagert.
BernhardJ
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Re: ETA 2824 "Handaufzug"

Beitrag von BernhardJ »

660feet hat geschrieben:...Du beschäftigst Dich jetzt erstmal intensiv mit der Funktionsweise von Klinkenrad-Wechselgetrieben...
Retroman hat ja geschrieben:

"...dreht sich nun das Kronrad und auch das Kupplungsrad mit, wenn der Rotor das Federhaus aufzieht."

Wo soll denn das Kronrad zurückfedern, wenn es fixiert wurde? Vorher hat es ja auf der "Linse" ja Platz zum Zurückweichen gehabt... Vielleicht hab' ich's wirklich noch nicht ganz kappiert...

Grüße - Bernhard
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