Unlogisch? Weshalb Vorgang?
Unlogisch? Weshalb Vorgang?
Eines verstehe ich nicht: Weshalb kann eine unrevisionierte Vintage Uhr
eigentlich einen Vorgang von einigen Minuten pro Tag aufweisen? Das faellt mir jetzt schon bei einigen Uhren auf.
Man ist doch zu glauben geneigt, dass verharztes Oel, Schmutz etc.(=erhoehte Reibung) die Uhr in den Nachgang treiben muesste.
Wie erklaert sich das?
Horst
eigentlich einen Vorgang von einigen Minuten pro Tag aufweisen? Das faellt mir jetzt schon bei einigen Uhren auf.
Man ist doch zu glauben geneigt, dass verharztes Oel, Schmutz etc.(=erhoehte Reibung) die Uhr in den Nachgang treiben muesste.
Wie erklaert sich das?
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- Ralf
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Es kann mehrere U(h)rsachen haben.
Eine davon heisst Isochronismus: Die Abhängigkeit der Schwingungsdauer von der Amplitude. Bei allen realen Schwingern existiert die, im Gegensatz zu den einfachen mathematischen Modellen der Physik. Bei welchen Amplituden die Frequenz höher und bei welchen sie niedriger ist ist individuell unterschiedlich, nicht linear, aber tendenziell ist der Fall {Kleinere Amplitude = Vorgang} die eher häufigere Variante, z.B. Pendel verhalten sich genau so.
Wobei {Nachgang = niedrigere Frequenz = längere Periodendauer}
bedeutet. Damit die Umkehrung {Weniger Energie = früherer Umkehr des Schwingers = kürzerer Periodendauer = höhere Frequenz = Vorgang} sogar eine mindestens ebenso logische Kette darstellt.
Eine davon heisst Isochronismus: Die Abhängigkeit der Schwingungsdauer von der Amplitude. Bei allen realen Schwingern existiert die, im Gegensatz zu den einfachen mathematischen Modellen der Physik. Bei welchen Amplituden die Frequenz höher und bei welchen sie niedriger ist ist individuell unterschiedlich, nicht linear, aber tendenziell ist der Fall {Kleinere Amplitude = Vorgang} die eher häufigere Variante, z.B. Pendel verhalten sich genau so.
Wobei {Nachgang = niedrigere Frequenz = längere Periodendauer}
bedeutet. Damit die Umkehrung {Weniger Energie = früherer Umkehr des Schwingers = kürzerer Periodendauer = höhere Frequenz = Vorgang} sogar eine mindestens ebenso logische Kette darstellt.
Man liest sich!
Ralf
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Hallo Horst,
in wesentlichen gibt es drei Effekte, die die Uhr langsamer oder scheller machen, wenn aufgrund mangelnder Schmierung die Amplitude (Schwingungsweite) kleiner wird:
1) Auf dem Rücker zur Einstellung der Frequenz (Schlagzahl, Gang) sitzen zwei Stifte, zwischen denen die Spirale ein wenig Spiel hat. Ist die Amplitude groß, so liegt die Spirale immer an einem der beiden Stifte an und wechselt nur im Nulldurchgang der Schwingung schnell vom einen zum anderen Stift. Die Länge der Spirale und damit die Frequenz wird also durch die Stellung dieser beiden Stifte bestimmt. Wird die Amplitude kleiner, so wird die Zeit, in der die Spirale sich frei zwischen den Stiften befindet immer länger. D.h. die wirksame Länge der Spirale wird im Mittel größer, was zu einem Nachgang führt.
2) Dämpft man ein schwingungsfähiges System wie eben die Kombination aus Unruh und Spirale, so erhöht sich die Frequenz. In diesem Zusammenhang führt also die mangelnde Schmierung zur einem Vorgang.
3) Die Schwingung der Unruh wird bei Laune gehalten, indem über die Ankergabel bei jedem Nulldurchgang der Schwingung etwas Enerieg zugeführt wird. Dieses Zuführen von Energie beschleunigt den Gang im Prinzip. Da aber bei einem gut geschmierte System nur wenig Enerie zugeführt werden muß (relativ zur Energie im Schwingungssysten), und das auch nur über einen Drehwinkel von ca. 50 Grad um den Nulldurchgang herum, ist der Einfluß auf die Frequenz gering. Wird die Amplitude durch mangelnde Schmierung so klein, daß praktisch ständig Energie zugefügt wird, so wird die Uhr halt deutlich schneller.
Der Normalfall ist also: Wenn die Qualität der Schmierung und damit die Amplitude stetig abimmt, so wird die Uhr wegen 1) zunächst langsamer, und erst am bitteren Ende wird aufgrund 2) und 3) wieder schneller, um schließlich ganz stehen zu bleiben, weil die Reibung größer ist als die zugeführte Leistung.
Der Gang zum Uhrmacher sollte besser dann erfolgen, wenn man das Langssamerwerden bemerkt, denn schon das bedeutet Reibung, also Verschleiß.
Nur zur Vorbeugung: Es gibt rückerlose Unruhsysteme, und bei denen entfällt Punkt 1). Solche Uhren werden allenfalls aufgrund untergeordneter Effekte kaum merklich langsamer, und wenn sie dann endlich schneller werden, hat der Verschleiß längst eingesetzt. Man sollte bei solche Uhren ab und zu mal die Amplitude prüfen lassen, denn anders wird man kaum merken, wann Reibung und damit Verschleiß beginnen.
Gruß, Roland Ranfft
in wesentlichen gibt es drei Effekte, die die Uhr langsamer oder scheller machen, wenn aufgrund mangelnder Schmierung die Amplitude (Schwingungsweite) kleiner wird:
1) Auf dem Rücker zur Einstellung der Frequenz (Schlagzahl, Gang) sitzen zwei Stifte, zwischen denen die Spirale ein wenig Spiel hat. Ist die Amplitude groß, so liegt die Spirale immer an einem der beiden Stifte an und wechselt nur im Nulldurchgang der Schwingung schnell vom einen zum anderen Stift. Die Länge der Spirale und damit die Frequenz wird also durch die Stellung dieser beiden Stifte bestimmt. Wird die Amplitude kleiner, so wird die Zeit, in der die Spirale sich frei zwischen den Stiften befindet immer länger. D.h. die wirksame Länge der Spirale wird im Mittel größer, was zu einem Nachgang führt.
2) Dämpft man ein schwingungsfähiges System wie eben die Kombination aus Unruh und Spirale, so erhöht sich die Frequenz. In diesem Zusammenhang führt also die mangelnde Schmierung zur einem Vorgang.
3) Die Schwingung der Unruh wird bei Laune gehalten, indem über die Ankergabel bei jedem Nulldurchgang der Schwingung etwas Enerieg zugeführt wird. Dieses Zuführen von Energie beschleunigt den Gang im Prinzip. Da aber bei einem gut geschmierte System nur wenig Enerie zugeführt werden muß (relativ zur Energie im Schwingungssysten), und das auch nur über einen Drehwinkel von ca. 50 Grad um den Nulldurchgang herum, ist der Einfluß auf die Frequenz gering. Wird die Amplitude durch mangelnde Schmierung so klein, daß praktisch ständig Energie zugefügt wird, so wird die Uhr halt deutlich schneller.
Der Normalfall ist also: Wenn die Qualität der Schmierung und damit die Amplitude stetig abimmt, so wird die Uhr wegen 1) zunächst langsamer, und erst am bitteren Ende wird aufgrund 2) und 3) wieder schneller, um schließlich ganz stehen zu bleiben, weil die Reibung größer ist als die zugeführte Leistung.
Der Gang zum Uhrmacher sollte besser dann erfolgen, wenn man das Langssamerwerden bemerkt, denn schon das bedeutet Reibung, also Verschleiß.
Nur zur Vorbeugung: Es gibt rückerlose Unruhsysteme, und bei denen entfällt Punkt 1). Solche Uhren werden allenfalls aufgrund untergeordneter Effekte kaum merklich langsamer, und wenn sie dann endlich schneller werden, hat der Verschleiß längst eingesetzt. Man sollte bei solche Uhren ab und zu mal die Amplitude prüfen lassen, denn anders wird man kaum merken, wann Reibung und damit Verschleiß beginnen.
Gruß, Roland Ranfft
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- Axel66
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Hallo,
möchte da mal bzgl. Amplitude etwas nachhaken.
Ich lese einmal, daß heutzutage 270° normal wären, andererseits hört man gelegentlich von 300°. Wenn ich meinem Uhrmacherbuch nachschlage stelle ich fest, daß theoretisch 220° optimal sein sollten, da hier Schwerpunktsfehler der Unruhe sich nahezu aufheben.
Kann hier jemand eine fundierte erklärung abgeben?
Von was hängt die optimale Amplitude ab?
Wird sie nur wegen des Isochronismusfehlers möglichst groß gewählt, damit Amplitudenschwankungen einen möglichst geringen Einfluß auf den Gang haben?
Danke,
Axel
möchte da mal bzgl. Amplitude etwas nachhaken.
Ich lese einmal, daß heutzutage 270° normal wären, andererseits hört man gelegentlich von 300°. Wenn ich meinem Uhrmacherbuch nachschlage stelle ich fest, daß theoretisch 220° optimal sein sollten, da hier Schwerpunktsfehler der Unruhe sich nahezu aufheben.
Kann hier jemand eine fundierte erklärung abgeben?
Von was hängt die optimale Amplitude ab?
Wird sie nur wegen des Isochronismusfehlers möglichst groß gewählt, damit Amplitudenschwankungen einen möglichst geringen Einfluß auf den Gang haben?
Danke,
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- Ralf
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Nicht nur die Problem des Isochronismus reduzieren sich mit hoher Amplitude. Hohe Amplitude bedeutet, dass viel Energie im System steckt, und eine Störung fällt dann relativ weniger ins Gewicht. Dass der negative Einfluss der Rücker mit zunehmender Amplitude zurück geht hat Roland ja schon detailiert erklärt.Axel66 hat geschrieben: Ich lese einmal, daß heutzutage 270° normal wären, andererseits hört man gelegentlich von 300°. Wenn ich meinem Uhrmacherbuch nachschlage stelle ich fest, daß theoretisch 220° optimal sein sollten, da hier Schwerpunktsfehler der Unruhe sich nahezu aufheben.
Kann hier jemand eine fundierte erklärung abgeben?
Von was hängt die optimale Amplitude ab?
Wird sie nur wegen des Isochronismusfehlers möglichst groß gewählt, damit Amplitudenschwankungen einen möglichst geringen Einfluß auf den Gang haben?
Ansonst siehe auch
http://forum.watchtime.ch/viewtopic.php?p=86906
Es ist wie so oft ein Abwegen zwischen zwei gegensätzlichen, sich widersprechenden Dingen und die übliche Lösung ist ein Kompromis....
Fasst man das zusammen, sieht es erst mal wie ein Isochronismusfehler aus. Erst beim Vergleich meherer Lagen wird der Unterschied deutlich. Ausserdem erkennt man, dass die grossen Amplituden gar nicht so gut sind, was Lagefehler durch Unwucht angeht. Der Vorteil dort liegt in der Unabhängigkeit des Ganges von der Amplitude.
Das Werk reagiert dort weniger auf das nachlassende Drehmoment, wenn die Aufzugsfeder abläuft. Zwischen 270° und 330° tut sich da nicht viel. Unter 240° geht's bei der roten und der violetten Kurve ganz gewaltig hinüber. ...
Man liest sich!
Ralf
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- Axel66
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Danke Ralf,
Man kann also nicht sagen, je größer die Amplitude, desto besser (erinnert mich an MHz und Megapixel ). Eigentlich ist es wichtiger die Stabilität der Amplitude zu vergleichen, oder?
Dazu noch eine Frage: wird die Amplitude eigentlich gezielt konstruktiv festgelegt (berechnet) oder ist sie viel mehr ein Ergebnis, d.h. man legt erfahrungsgemäß die Feder aus, hält die Reibungsverluste klein und schaut dann, was hinten rauskommt? Hintergrund meiner Frage ist, daß wohl bei verschiedenen Werken unterschiedliche Amplituden zu erwarten sind: http://www.watchtime.ch/contents/watche ... iming.html
Danke,
Axel
Man kann also nicht sagen, je größer die Amplitude, desto besser (erinnert mich an MHz und Megapixel ). Eigentlich ist es wichtiger die Stabilität der Amplitude zu vergleichen, oder?
Dazu noch eine Frage: wird die Amplitude eigentlich gezielt konstruktiv festgelegt (berechnet) oder ist sie viel mehr ein Ergebnis, d.h. man legt erfahrungsgemäß die Feder aus, hält die Reibungsverluste klein und schaut dann, was hinten rauskommt? Hintergrund meiner Frage ist, daß wohl bei verschiedenen Werken unterschiedliche Amplituden zu erwarten sind: http://www.watchtime.ch/contents/watche ... iming.html
Danke,
Axel
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Um von hinten anzufangen:
Mittlerweile gibt es spezielle professionelle Computerprogramme, die die Drehmomentdimensionierung durchführen. Was allerdings jeden Entwickler mit hinreichendem gesundem Menschenverstand nicht abhalten soll und darf, es trotzdem im praktischen Versuch per Prototypen gründlich zu überprüfen.
Grosse Amplitude hat mehrere Vorteile, s.o.. Nur bezüglich einer Unruhe mit Unwucht - Schwerpunkt liegt nicht in der Drehachse - hat sie einen Nachteil. Das automatische Auswuchten ist mittlerweile so optimiert, dass dieser Fehler nicht überbewertet werden sollte. (Die Forderung nach grossen Unruhen - möglichst fast halber Werkdurchmesser - stammt auch noch aus der Zeit, als das Auswuchten ein langwieriges und teures Problem war, heutzutage kann man auch 8 mm Unruhen sehr gut auswuchten)
Z.B. der Unterschied Hängend zu Liegend ist ist ja auch noch da! Die Störgrösse unterschiedliches Drehmoment ist auch in der Praxis relevanter als die Unwucht. Das Problem des Vorgangs beim Joggen, also die Überlagerung der Armbewegung mit der Unruheschwingung, ist auch ein Punkt, bei dem ein Werk mit die höherer Amplitude im Vorteil ist.
Ob eine Revision sinnvoll ist sollte man nicht so sehr von der absoluten Grössenordnung, sondern vom >Nachlassen< abhängig machen. Ob dabei eine stabile Amplitude, die Abweichungen erst zeigt, wenn der Verschleiss schon fortgeschritten ist, oder eine eher empfindliche Auslegung, die Störungen frühzeitig signalisiert besser ist kann man IMHO nicht so absolut und verbindlich festlegen. Ich persönlich tendiere eher zu einer Auslegung, die frühzeitig Warnzeichen abgibt.
Mittlerweile gibt es spezielle professionelle Computerprogramme, die die Drehmomentdimensionierung durchführen. Was allerdings jeden Entwickler mit hinreichendem gesundem Menschenverstand nicht abhalten soll und darf, es trotzdem im praktischen Versuch per Prototypen gründlich zu überprüfen.
Grosse Amplitude hat mehrere Vorteile, s.o.. Nur bezüglich einer Unruhe mit Unwucht - Schwerpunkt liegt nicht in der Drehachse - hat sie einen Nachteil. Das automatische Auswuchten ist mittlerweile so optimiert, dass dieser Fehler nicht überbewertet werden sollte. (Die Forderung nach grossen Unruhen - möglichst fast halber Werkdurchmesser - stammt auch noch aus der Zeit, als das Auswuchten ein langwieriges und teures Problem war, heutzutage kann man auch 8 mm Unruhen sehr gut auswuchten)
Z.B. der Unterschied Hängend zu Liegend ist ist ja auch noch da! Die Störgrösse unterschiedliches Drehmoment ist auch in der Praxis relevanter als die Unwucht. Das Problem des Vorgangs beim Joggen, also die Überlagerung der Armbewegung mit der Unruheschwingung, ist auch ein Punkt, bei dem ein Werk mit die höherer Amplitude im Vorteil ist.
Ob eine Revision sinnvoll ist sollte man nicht so sehr von der absoluten Grössenordnung, sondern vom >Nachlassen< abhängig machen. Ob dabei eine stabile Amplitude, die Abweichungen erst zeigt, wenn der Verschleiss schon fortgeschritten ist, oder eine eher empfindliche Auslegung, die Störungen frühzeitig signalisiert besser ist kann man IMHO nicht so absolut und verbindlich festlegen. Ich persönlich tendiere eher zu einer Auslegung, die frühzeitig Warnzeichen abgibt.
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Ralf
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Hallo Ralf,
Die Luftreibung wird zwar dafür sorgen, daß es irgendwo einen optimalen Durchmesser gibt, aber der wird wohl erst erreicht, wenn die Unruh größer ist als das Werk. Die Wunsch nach einer großen Unruh wird also durch bessere Verarbeitungsmöglichkeiten keinesfalls hinfällig.
Gruß, Roland Ranfft
Das ist nur die halbe Miete. Maßgeblich für die Schwingungseigenschaften der Unruh ist ihr Trägheitsmoment. Je größer der Reif ist, umso leichter kann die Unruh sein, was einer Verringerung des der Reibung zugute kommt, und damit sowohl die Dämpfung verringert als auch den Verschleiß(Die Forderung nach grossen Unruhen - möglichst fast halber Werkdurchmesser - stammt auch noch aus der Zeit, als das Auswuchten ein langwieriges und teures Problem war, heutzutage kann man auch 8 mm Unruhen sehr gut auswuchten)
Die Luftreibung wird zwar dafür sorgen, daß es irgendwo einen optimalen Durchmesser gibt, aber der wird wohl erst erreicht, wenn die Unruh größer ist als das Werk. Die Wunsch nach einer großen Unruh wird also durch bessere Verarbeitungsmöglichkeiten keinesfalls hinfällig.
Gruß, Roland Ranfft
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Lies mal bitte, was ich geschrieben hab.Roland Ranfft hat geschrieben:Hallo Ralf,Das ist nur die halbe Miete. Maßgeblich für die Schwingungseigenschaften der Unruh ist ihr Trägheitsmoment. Je größer der Reif ist, umso leichter kann die Unruh sein, was einer Verringerung des der Reibung zugute kommt, und damit sowohl die Dämpfung verringert als auch den Verschleiß(Die Forderung nach grossen Unruhen - möglichst fast halber Werkdurchmesser - stammt auch noch aus der Zeit, als das Auswuchten ein langwieriges und teures Problem war, heutzutage kann man auch 8 mm Unruhen sehr gut auswuchten)
Die Luftreibung wird zwar dafür sorgen, daß es irgendwo einen optimalen Durchmesser gibt, aber der wird wohl erst erreicht, wenn die Unruh größer ist als das Werk. Die Wunsch nach einer großen Unruh wird also durch bessere Verarbeitungsmöglichkeiten keinesfalls hinfällig.
Da steht nirgends, dass heute grosse Unruhen schlecht oder überflüssig sind.
Nur das heute eine Begründung wegfällt.
(und zwar die damals Wichtigste,
was ich oben aber nur indirekt angedeutet hatte)
Man liest sich!
Ralf
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Hallo Ralf,
Ein einfaches Zahlenbeispiel: Bei konstantem Trägheitsheitsmoment bedeutet die Verdoppelung des Durchmessers, daß die Masse der Unruh auf ein Viertel reduziert werden muß. Eine bestimmte Masseänderung am Reif hat also bei der doppelt so großen Unruh den vierfachen (!) Einfluß. Man muß also bei der großen Unruh ungleich sorgsamer zu Werk gehen.
Richtig: Die kleinere Unruh ist technisch in jeder Hinsicht schlechter. Sie hat nur einen Vorteil: Da die Anforderungen an die Präzision geringer sind, ist sie billiger. Das war früher so, und das wird auch morgen so sein.
Gruß, Roland Ranfft
Ich hab's gelesen. Und wenn ich es ein zweites Mal lese, wird es auch nicht richtiger. Wenn ich es richtig verstehe, behauptest Du, daß es einfacher ist, eine große Unruh auszuwuchten. Aber das ist falsch.Lies mal bitte, was ich geschrieben hab.
Ein einfaches Zahlenbeispiel: Bei konstantem Trägheitsheitsmoment bedeutet die Verdoppelung des Durchmessers, daß die Masse der Unruh auf ein Viertel reduziert werden muß. Eine bestimmte Masseänderung am Reif hat also bei der doppelt so großen Unruh den vierfachen (!) Einfluß. Man muß also bei der großen Unruh ungleich sorgsamer zu Werk gehen.
Wenn nun die wichtiste Begründung falsch ist, was bleibt dann noch?Nur das heute eine Begründung wegfällt. (und zwar die damals Wichtigste,
Richtig: Die kleinere Unruh ist technisch in jeder Hinsicht schlechter. Sie hat nur einen Vorteil: Da die Anforderungen an die Präzision geringer sind, ist sie billiger. Das war früher so, und das wird auch morgen so sein.
Gruß, Roland Ranfft
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Einen vierfachen Einfluss auf das TRÄGHEITSMOMENT.Roland Ranfft hat geschrieben: Ein einfaches Zahlenbeispiel: Bei konstantem Trägheitsheitsmoment bedeutet die Verdoppelung des Durchmessers, daß die Masse der Unruh auf ein Viertel reduziert werden muß. Eine bestimmte Masseänderung am Reif hat also bei der doppelt so großen Unruh den vierfachen (!) Einfluß. Man muß also bei der großen Unruh ungleich sorgsamer zu Werk gehen.
Aber nicht auf die UNWUCHT! Das sich beim Auswuchten das Trägheitsmoment ändert ist Nebeneffekt. Sinn des Wuchtens ist den Schwerpunkt in der Achse zu plazieren. Das Mass für die Unwucht ist Masse mal dem Abstand Schwerpunkt zur Drehachse. Die grosse Unruhe hat bei gleichem Trägheitsmoment weniger Masse, also bei gleicher Abweichung Schwerpunkt zur Drehachse WENIGER Unwucht. Das heisst: Grosse Unruhe bei gleichen Fertigungstoleranzen = weniger Unwucht.
Konkretes Zahlenbeispiel:
Masse 3 zu 1 (fast ... 2,987)
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Durchmesser klein gross gross
Aussen 10 16 16 mm
Innen 8 15,3 15,3 mm
Dicke 1 0,55 0,55 mm
Masse 0,233 0,078 0,078 gr
Trägheitsmoment 4,7818 4,7833 4,7833 gr mm²
Federkonstante 3,0205 3,0214 3,0214 mN/rad
Abweichung 0,10 0,10 0,16 mm
Amplitude Gang Gang Gang
300° -0,50% -0,17% -0,27%
250° -0,33% -0,11% -0,18%
200° 0,34% 0,11% 0,17%
150° 1,39% 0,46% 0,73%
100° 2,48% 0,84% 1,34%
Noch eins:
Doppelter Aussendurchmesser bei gleichem Trägheitsmomemt
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Durchmesser klein gross
Aussen 10 20 mm
Innen 8 19,378 mm
Dicke 1 0,311 mm
Masse 0,233 0,049 gr
Trägheitsmoment 4,7818 4,7824 gr mm²
Federkonstante 3,0205 3,0208 mN/rad
Abweichung 0,1 0,2 mm
Amplitude Gang Gang
300° -0,50% -0,21%
250° -0,33% -0,14%
200° 0,34% 0,14%
150° 1,39% 0,58%
100° 2,48% 1,06%
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Ralf
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Hallo Ralf,
ich glaube nur an Tabellen, die ich selber gefälscht habe. Also habe ich Deine Tabellen nur nach der Größe, aber nicht nach dem Inhalt angesehen.
Ich bin Ingeneuer, und Ingenieure sind einfach gestrickt: Sie rechnen einfach nach, statt sich Mühe mit langen Zahlenreihen zu machen.
Aber bitte, nehmen wir die beiden Unruhen aus Deiner letzten Tabelle:
Das Gewicht der Unruh steckt fast ausschließlich im Reif. Nehme ich bei der kleinen Unruh (10mm, 0,233g) einseitig Masse von 0,00233g weg, so ändere ich das Trägheitsmoment einseitig um 1%. Bei der großen Unruh (20mm, 0,049g) bedeutet die gleiche Massenentnahme die einseitige Änderung des Trägheitsmoments um 0,00233/0,049 = 4,755% also fast das fünffache.
Aber bitte jetzt nicht noch mehr Tabellen. Beweise mir einfach, was an meiner Rechnung falsch ist - dann gebe ich Ruhe.
Gruß, Roland Ranfft
ich glaube nur an Tabellen, die ich selber gefälscht habe. Also habe ich Deine Tabellen nur nach der Größe, aber nicht nach dem Inhalt angesehen.
Ich bin Ingeneuer, und Ingenieure sind einfach gestrickt: Sie rechnen einfach nach, statt sich Mühe mit langen Zahlenreihen zu machen.
Das ist zwar falsch, denn für den Lagefehler ist nicht die statische, sondern die dynamische Unwucht verantwortlich, und bei der geht der Radius quadratisch ein. Aber immerhin stimmt schon die Richtung, denn auch für die statische Unwucht gilt, daß die Massenkorrektur bei der großen Unruh feiner (also schwieriger) erfolgen muß.Nehme ich beim Wuchten Masse am Unruhereif weg, wirkt auch diese mal dem Radius als Moment.
Aber bitte, nehmen wir die beiden Unruhen aus Deiner letzten Tabelle:
Das Gewicht der Unruh steckt fast ausschließlich im Reif. Nehme ich bei der kleinen Unruh (10mm, 0,233g) einseitig Masse von 0,00233g weg, so ändere ich das Trägheitsmoment einseitig um 1%. Bei der großen Unruh (20mm, 0,049g) bedeutet die gleiche Massenentnahme die einseitige Änderung des Trägheitsmoments um 0,00233/0,049 = 4,755% also fast das fünffache.
Aber bitte jetzt nicht noch mehr Tabellen. Beweise mir einfach, was an meiner Rechnung falsch ist - dann gebe ich Ruhe.
Gruß, Roland Ranfft
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- Don Tomaso
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Moment amal: Du nimmst die Masse doch am Unruhreif weg, also beim doppelten Durchmesser für die grosse Unruh, also kommt für das Trägheitsmoment noch ein Faktor 4 rein (Theta = m*r^2), also alles zusammen ein Faktor von etwa 20. Oder?Roland Ranfft hat geschrieben:...Aber bitte, nehmen wir die beiden Unruhen aus Deiner letzten Tabelle:
Das Gewicht der Unruh steckt fast ausschließlich im Reif. Nehme ich bei der kleinen Unruh (10mm, 0,233g) einseitig Masse von 0,00233g weg, so ändere ich das Trägheitsmoment einseitig um 1%. Bei der großen Unruh (20mm, 0,049g) bedeutet die gleiche Massenentnahme die einseitige Änderung des Trägheitsmoments um 0,00233/0,049 = 4,755% also fast das fünffache...Gruß, Roland Ranfft
Gruss
Thomas
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