... und zu meiner eigenen Überraschung geht es hier noch weiter und das mit einer Referenz, die ich bisher nie im Blick hatte:
#11 IWC Yacht Club I Ref. 9216, Automatik, 18k GG mit 18k Goldband, ZB Gold:
Das Thema "Gold" hatte ich ja eigentlich oben schon mit der Ref. 9205 abschließend behandelt, zumal diese Referenz wunderbar dokumentiert ist und sich in jedem Katalog und jeder Preisliste finden lässt. Nun hatte ich ja aber schon verschiedentlich über die Lage der IWC in den späten 1970er Jahren berichtet und so manche besondere Uhr aufgetan aus dieser Zeit - sehr oft Uhren, die ziemlich selten waren und für die man zum Teil wenig bis gar keine Hinweise in den zugänglichen Dokumentationen findet. Das erschwert die Identifikation von manchen Modellen aus dieser Zeit und man entwickelt ein gesundes Misstrauen. So ist z.B. nicht jede Uhr mit einem "Yacht Club" Zifferblatt auch wirklich aus dieser Modell-Linie, da werden auch manchmal ganz andere Referenzen mit dem praktischerweise passenden Zifferblatt "veredelt" - ähnlich wie man es auch bei den Ingenieur-Uhren öfters erlebt.
Und so war ich überaus skeptisch, als mir erstmals eine "Yacht Club I" unterkam, deren Zifferblatt mit meiner 9205 identisch war und die auch komplett mit 18k Band und Gehäuse angeboten wurde - aber weder Gehäuse noch Band dem klassischen Yacht Club-Design entsprachen. Klarer Fall von "Bastelwastel" war mein erster Gedanke.
Dann stieß ich vor einiger Zeit wieder auf eine solche Uhr, diesmal angeblich überprüft durch IWC und verkauft 1978 in der Schweiz. Hier wurde auch erstmals die Referenznummer genannt, nämlich Ref. 9216:
https://www.ricardo.ch/de/a/iwc-yachtcl ... 170209582
Das Problem: Diese Nummer habe ich nirgendwo finden können, nicht in den Preislisten und nicht in den Katalogen, obwohl ich auch aus den 1970er Jahren einige im Archiv habe. Dazu kam noch eine weitere Besonderheit: Wenn man im Netz nach der Referenz sucht, findet man nur ganz wenige Treffer - die zeigen dann aber die gleiche Uhr mit einem Cloisonné-Zifferblatt, z.B. hier:
https://2tonevintage.com/product/iwc-ya ... ne-enamel/
Diese Blätter waren damals eigentlich schon länger aus der Mode und passen eigentlich auch nicht so richtig zu einer eher sportlichen Uhr. Doch ein weiterer Fund bei Phillips bestätigte die Echtheit auch dieser Version:
(c)
https://www.phillips.com/detail/iwc/CH080219/181
Die hatten offenbar die Herkunft geprüft und Alexandre Ghotbi ist ja ohne Zweifel ein anerkannter Experte. Aber wie man der Beschreibung entnehmen konnte, konnte weder IWC noch er selbst diese Uhr so ganz genau einordnen.
Und dann stieß ich wiederum in einer Auktion erneut auf die "Yacht Club I" Variante, diesmal ganz offiziell mit Stammbuchauszug - und dann habe ich zugeschlagen, da der Preis einigermaßen verträglich erschien (soweit man das angesichts der wenigen Vergleichspunkte sagen kann). Und so sieht die Uhr aus:

Zifferblatt und Zeigerspiel sind identisch mit der bekannten goldenen Yacht Club I Ref. 9205:
Die Gehäuseform ist aber ganz anders und erinnert mit dem integrierten massiven Goldband ein wenig an die erste Da Vinci:

Das Goldband geht nahtlos in das Gehäuse über:

Im Profil ist die Uhr etwas pummeliger als die Ref. 9205, auch wenn die Maße fast identisch sind (Durchmesser ca. 35,5 vs. ca. 36,5mm):

Band und Schließe sind wie bei der Ref. 9205 von Gay Freres, aber im Design komplett unterschiedlich:

Mit dem YC I Blatt wirkt die Uhr eigentlich ziemlich harmonisch, das sieht keinesfalls "hereingebastelt" aus:

Am Arm trägt sich die Uhr gut und so einen fließenden Übergang vom Gehäuse zum Band gab es ja wie gesagt auch bei anderen Club / SL Uhren (z.B. Da Vinci oder Golf Club) aus dieser Zeit:

Die Uhr ist also auch in dieser Ausführung original. Aber wie erklären sich dann die verschiedenen Zifferblätter?
Vermutlich lässt sich das heute nicht mehr so leicht nachvollziehen, aber ich würde auf eine der beiden folgenden Optionen tippen:
a. Man hat tatsächlich für die Yacht Club I einen Nachfolger entwickelt (immerhin war das Modell damals schon 10 Jahre alt) und es dann aber aufgrund der Umstände nicht geschafft, dieses neue Modell wirklich auf den Markt zu bringen - und die wenigen Vorserien-Exemplare dann trotzdem verkauft und manchen dieser Exemplar noch aus Restbeständen ein Cloisonné Dial spendiert (zumindest die Phillips-Uhr war ja eine Sonderanfertigung für Katar).
b. Man wollte für den damals überlebenswichtigen arabischen Markt eine High-End-Luxusuhr schaffen und deshalb Vollgold mit Cloisonné verbinden. Zu dieser Zeit hat IWC ja auch andere traditionelle Techniken wiederentdeckt, gerade bei den Taschenuhren (Gravuren, Skelettierung). So richtig Kunden fand man dafür nicht und hat dann überschüssige Uhren einfach mit dem (zufällig?) passenden Yacht Club-Blatt verkauft.
Vielleicht gibt es auch noch eine andere Erklärung, aber auf jeden Fall ist diese Uhr ein Kind ihrer Zeit - als es (nicht nur) für IWC ums Überleben ging und man im Prinzip alles auf den Markt geworfen hat, was irgendwie die Löhne des kommenden Monats finanzierte. Damals hatte man schlicht keine Ressourcen für aufwändige Dokumentationen - trotzdem ist die die Uhr ganz regulär im Stammbuch verzeichnet und die Gehäuse- bzw. Werknummern passen (es ist übrigens wie bei den anderen Yacht Clubs ein Kal. 8541B verbaut).
Und dann gibt es noch eine letzte Besonderheit dieser Uhr: Sie im Sommer 1977 in Wien verkauft - und zwar durch eine Firma "Chronoswiss" (!).
Das kann aber nicht die heute bekannte Uhrenfirma gewesen sein, die wurde erst 1981 gegründet. Vielleicht kann sich ja hier ein älterer Uhrenfreund aus Austria an diese Firma oder diesen Juwelier erinnern
ich habe zumindest wieder mal gelernt, dass man bei Vintage-Uhren nie glauben sollte, dass man schon alles gesehen hat und alles kennt. Da gibt es dann auch nach Jahrzehnten doch immer noch Neues zu entdecken
Gruß,
Christian