Die Diskussion ist inzwischen etwas abgeschweift in Richtung Shareholder Value. Natürlich ist es so, dass ein börsenkotiertes Unternehmen anders denkt und lenkt als ein privat- oder familiengeführtes. Mit den (zum Teil) oben genannten Nachteilen. Diese Nachteile kenne ich selbst als Mitarbeiter im R&D einer Richemont Marke und sie beeinflussen meine tägliche Arbeit. Es gibt aber auch ein paar Vorteile, in einem grossen Konzern zu arbeiten. Einen davon hat die Coronakrise gezeigt, in welcher sämtliche Mitarbeiter jederzeit einen sicheren Job hatten. Zum Vergleich: einige kleinere Uhrenhersteller haben diese Krise nicht überlebt.
unnnamed hat geschrieben: ↑02 Feb 2023, 15:17
Am Besten lässt du mir die Zeit, bis ich mal wieder solch ein Kleinod vor mir liegen habe.
Dann genügt eine schöne Bebilderung, als dass du verstehen wirst, dass wir es hier nicht
mit Haute Horlogerie zu tun haben.
Zum obigen Zitat möchte ich noch zwei Punkte ergänzen, welche hier bisher nicht zur Sprache kamen, aber man bedenken sollte:
1) Die meisten von euch erinnern sich sicher an den Entscheid der Swatch Group, keine ETA Kaliber mehr an Mitbewerber zu liefern. Nach dem Eingreifen der WEKO hatten Mitbewerber, unter anderem Richemont Marken, noch ein paar Jahre Zeit, um eigene Werke zu entwickeln und in der benötigten Stückzahl zu produzieren. Das hier diskutierte Cal. 32 war schon seit der ersten Idee als Ersatz für das 2892 gedacht und hatte nie den Anspruch "Haute Horlogerie" zu sein. Wie man in den vergangenen 10 Jahren sehen konnte, haben die meisten grösseren Abnehmer von ETA Werken ihre Hausaufgaben gemacht und haben heute "Manufakturkaliber" auf dem Markt. Ob diese Werke nun besser/schöner/teurer/günstiger als die ursprünglichen ETA Kaliber sind, darüber kann man immer geteilter Meinung sein. Wichtig ist aber, dass man im Auge behält, warum es diese Werke gibt. Und dass es sie gibt, finde ich gut so, denn der Uhrenmarkt ist dadurch deutlich belebter geworden.
Und noch als Zusatzbemerkung: Hochwertiger und damit eher Richtung Haute Horlogerie sind die Automatik Cal. 82 und 52 von IWC.
2) Die Eigenentwicklung von Werken, auch wenn sie ähnlich wie bereits bekannte Kaliber sind, lässt einem immer eine gewisse Freiheit in der Entwicklung. Als Beispiel: Das Kaliber 32111 in der hier thematisierten Mark XX hat eine Gangreserve von 120 h. Eine solche Gangreserve, aus meiner Sicht ein eindeutiger Mehrwert für den Kunden, wäre in Zusammenarbeit mit ETA (oder auch Sellita) nicht möglich gewesen. Dort kauft man mehr oder weniger Stangenware in einigen verschiedenen Ausführungen. Weiterentwicklungen, wie auch Module, sind viel einfacher realisierbar, wenn man das Werk selbst entwickelt hat und die Konstruktionspläne in den eigenen Händen hält.
Natürlich kann man ewig über gerechtfertigte und ungerechtfertigte Preise diskutieren. Aber bei einem Luxusprodukt macht das eben nur beschränkt Sinn.
Und noch als letzte Bemerkung: Man kann auch heute noch mit IWC Mitarbeitern / Ingenieuren / Uhrmachern an einen Tisch sitzen und Kaffee trinken. Und dabei über Uhrentechnik und anderes diskutieren und philosophieren. Wir sind auch nahbar und sympathisch